Gesellschaftsdrama im Irland der 1990er

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Nach Jahren der Abwesenheit kommt die Schriftstellerin Colette Crowley im Jahre 1994 zurück in ihre Heimat, ein malerisches irisches Küstendorf. Und mit ihrer Ankunft ist nichts mehr wie es mal war. Sie bezieht ein kleines Cottage an der Coast Road und beginnt einen Schreibkurs, der den Dorfbewohnern die Gelegenheit gibt, aus dem Alltag auszubrechen. In „Coast Road“ geht es um drei Frauen in einer irischen Küstenstadt, Izzy, Dolores und eben die besagte Collette. Letztere ist die geheimnisvollste Figur im Buch – eine Dichterin und Bohemienne, wie sie buchstäblich im Buche steht: eine Frau, die ursprünglich ihre Familie verlassen hat, um in Dublin ihr Glück zu finden. Alle drei Frauen sind Gefangene der herrschenden Konventionen. Scheidung war damals noch nicht legalisiert. Aus verschiedenen Perspektiven webt der Autor eine spannende und sich zusehends schneller entwickelnde Geschichte zusammen. Schnell wird klar: jede der Frauen im Buch auf ihre jeweils eigene Art unglücklich. Und jede einzelne versucht den Freiraum innerhalb der vorgegebenen Grenzen auszudehnen. Was am Buch aber ebenso beeindruckt wie die Geschichte, ist der klare, schnörkellose Stil des Autors. Dialoge schreiben kann er! Und es gelingt ihm, die Charaktere vielfältig, bunt und differenziert zu schildern. Über weite Strecken liest man das Buch mit Hochgenuss. Eine spannende Frage bleibt: haben sich die Konventionen, unter denen die Protagonistinnen im Buch leiden, in den 30 Jahren seither wirklich verändert – und wenn ja, inwiefern? Auf diese Frage muss sich jede/r Leser/in selbst seinen Reim machen. Klar ist auf jeden Fall, dass Scheidung in Irland erst im Jahre 1995 im Rahmen eines Referendums legalisiert wurde.