Liebe trifft auf Realität

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madamebiscuit Avatar

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Es ist mein erstes Buch von Nicolas Mathieu und sprachlich hat er mich wirklich begeistert. Er schreibt absolut treffend und teilweise fast poetisch über die Wesenszüge seiner Charaktere.
Unter anderem aus diesem Grund haben mir auch gerade die Entwicklung der beiden Protagonisten in den Rückblenden gut gefallen. Es ist absolut nachvollziehbar dargestellt, wie Hélène alles tut, um durch Bildung den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen und am Ende auch genau an den herrschenden unsichtbaren Habitusgrenzen zu scheitern.
Leider blieb sie mir in der Gegenwart des Romans zu farblos. Die klassische Doppelbelastung von berufstätiger Mutter ist Thema, da kommt mir aber ihre Innansicht viel zu kurz.
Das gelingt dem Autor, in meinen Augen, dagegen bei Christophe besser. Er wird als liebevoller Vater und Sohn charakterisiert, der versucht aus den widrigen Umständen seines Lebens das beste zu machen.

Für beide ist die gemeinsame Affäre, die sie beginnen ein Lichtblick in ihrer momentanen Situation und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Allerdings wird auch hier deutlich welche Fallstricke die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus bereithält.

Abschließend ist es ein gesellschaftskritischer Roman, der viele aktuelle Themen, wie Care-Arbeit, klassische Rollenklischees und soziale Ungleichheit anspricht. In ein bis zwei Nebenschauplätzen aber gerne kürzer hätte sein dürfen.

Von mir gibt es eine Leseempfehlung an alle, die Lust auf einen Roman haben, der nichts beschönigt. Ein Roman, der ehrlich zeigt, wie das ganz normale Leben aussehen kann und das in eine gelungene literarische Sprache packt.