Kein Koch- sondern ein Wohlfühlbuch mit Rezepten

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mojoh Avatar

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„In den Urzeiten versammelten sich die Menschen abends am Feuer mit einem Kessel Getreidebrei. Schoben sie den etwas näher ans Feuer, bekamen sie Brot, schoben sie ihn etwas weiter weg, bekamen sie Bier.“
Tja, das ist wohl eine Premiere: Meine erste Rezension zu einem Kochbuch.
Aber dieses Buch ist vielmehr – eine Einführung in und ein Nachschlagewerk zu einem Gebiet, das für mich absolutes Neuland bedeutet: das Craft Beer.
Angesprochen hatte mich die schöne Aufmachung des Buches, neugierig gemacht die interessant klingenden Rezepte des Inhaltsverzeichnisses. Und ich bin definitiv nicht enttäuscht worden.
Mit dem Äußeren fing es an, als ich dieses Buch in den Händen hielt, ich meine, es gibt einfache Kochbücher als eine Art Rezeptsammlung und es gibt schöne Bücher in denen neben vielem Anderen auch Rezepte stehen. Das Craft Beer Kochbuch von Stevan Paul, Torsten Goffin und Daniela Haug ist auf jeden Fall letzteres. Schon bei der Umschlaggestaltung juckt es einem in den Fingern, den zentral perforierten Bierdeckel herauszudrücken (was dem Erscheinungsbild keinen Abbruch tun würde, da sich das Muster auf der ersten Seite gleich platziert wiederholt – ein nettes Gimmick, ich habe der Versuchung allerdings nicht nachgegeben)
Ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis erleichtert das Stöbern in den knapp 60 Rezepten, eingeteilt in feine Vorspeisen, Fisch & Meeresfrüchte, Fleisch und Rotisserie, klassische Bierküche und Biersnacks sowie Süsses und Desserts. Soweit ein Kochbuch wie viele andere auch.
Das Herzstück sind aber neben den Leckereien die Einführung in die Kunst der Herstellung von Craft Beers (quasi handwerklich hergestelltes Bier), womit die Autoren einen Trend aufgreifen der immer weitere Kreise zieht (an mir bisher allerdings leider vollkommen vorbeigerauscht ist) und der fernab jeglichen deutschen Reinheitsgebotes und sonstiger Uniformitätsbestrebung einfach den Spass am Bierbrauen in den Vordergrund stellt und deren phantasievollen Ergebnisse sich durchaus sehen lassen können.
Es werden anschaulich die verschiedenen Biersorten mit ihren geschmacklichen Eigenheiten vorgestellt und zu jeder dieser unzähligen Richtungen gibt es Rezeptvorschläge. Dabei wird nicht nur MIT Bier gekocht, gebraten und gebacken sondern auch zur geschmacklichen Ergänzung Biere zu diversen Mahlzeiten empfohlen. Hier gehen die Autoren ähnlich wie in guten Weinführern vor, sie stellen nicht dogmatische regeln auf sondern empfehlen vielmehr gut harmonisierende Tropfen, die auf den eigenen Erfahrungen beruhen bzw. sie als Empfehlungen diverser Brauer auf ihren Erkundungsreisen bekommen haben. In erster Linie heißt die Devise: Der persönliche Geschmack bestimmt die Kombination, egal was irgendwelche Bierpäpste empfehlen.
Im letzten Satz kommt eine weitere Stärke des Buches heraus: Die Gespräche mit diversen Brauern der ganzen Welt. Kurzweilig und mit vielen stimmungsvollen Fotos ausgestattet werden einige Pioniere und Neulinge des Craft Beer Brauens vorgestellt, erzählen von ihren Anfängen und führen uns durch ihre inzwischen durchaus profitablen Brauereien. Dabei erscheinen sie alle äußerst sympathisch und haben eins gemeinsam: Die trotz inzwischen einer gewissen Kommerzialisierung zu erkennenden Kleinbrauereien erscheinen in erster Linie als kleinere Familienbetrieben bei denen der Spass und die Kunst des Bierbrauens im Vordergrund stehen. So verfliegt beim Schmökern Seite für Seite und ehe man sich versieht, sind die knapp 250 Seiten ausgelesen.
Mein Fazit: Eine absolute Empfehlung, nicht nur für Bierliebhaber sondern auch und gerade diejenigen, die schöne, stimmungsvolle Kochbücher zum Schmökern mögen.
Achja, bevor ich es vergesse: Zu einer Rezension eines Kochbuches gehört selbstverständlich der Bericht über zumindest ein ausprobiertes Rezept – die „Bacon Jam“ von Seite 53 ist sowohl mit dem Stout Guinness als auch mit dem eher rauchigen Duckstein zubereitet eine absolute Wucht und hält selten lange.