Typisch Berliner Schnau*e!

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Hier wird berlinert, bis die Sparte kracht. Wer in Berlin wohnt, es nicht anders kennt, der wird damit kaum Probleme haben. Der alltägliche Wahnsinn eben. Ich selbst wohne seit 10 Jahren in der Hauptstadt und hatte dennoch meine kleinen Problemchen mit dem doch eher gewöhnungsbedürftigen Dialekt. Es stört manchmal den Lesefluss. Hartes Beamtendeutsch, typischer Ossi-Dialekt. Kein leichter Tobak. Doch man gewöhnt sich relativ zügig daran.

Connys Gedankengänge sind sehr amüsant. Ganz großes Kino, ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Wir bekommen ihre Emotionen live und in Farbe aus der Ich-Perspektive serviert. Berlinert wird nur, wenn die Charaktere des Buches sich unterhalten. Connys Passagen sind größtenteils dialektfrei.

Conny als Hauptcharakter ist großartig. Sie hat die typische Berliner Schnauze, weiß sich durchzusetzen und erlebt jeden Tag aufs Neue den Beamtenwahnsinn mit. Und der hat es in sich. Wir, als normale Bürger, müssen bereits einiges aushalten. Doch Conny und Co. haben es andersherum auch nicht leicht mit uns. Conny braucht eine gute Portion Selbstbewusstsein, Geduld und Durchsetzungsvermögen, um ihre Hirnzellen zu schonen. Gaaaaaaaaanz viel Geduld, mein lieber Scholli, denn die „alten Eisen“, nennen wir sie Kollegen, sind nicht bereit, die Digitalisierung zu akzeptieren.

„Ich erkläre Doris also den Vorgang des Log-ins, als wäre er die reinste Raketenwissenschaft, und, halleluja, nur viele Minuten später – wir sind online.“ (Seite 13)

Beachtet hier: Es geht nur um eine Videokonferenz! Wie sähe das zwischenmenschliche Desaster bei komplexeren Geschichten aus? Wie beispielsweise beim Einrichten eines Outlook-Kalenders? Ich möchte mir gar nicht vorstellen, welches Armageddon auf Conny zukäme. (Ein bisschen neugierig bin ich aber schon.) Wenn sich 50+ mit jungen Hüpfern auseinandersetzen muss, die mit englischen Begriffen um sich werfen, dann kann das schonmal zu Reibereien führen, zu Diskussionen die im Nirgendwo enden. Und der Bürger fragt sich: „Was machen die bitte dort? Arbeiten ganz sicher nicht.“

Und genauso kämpft sich Conny durchs ganze Buch. Das Beamtendasein wird auf lustige Art durch den Dreck gezogen, sämtliche Klischees werden komödiantisch erwähnt.

Fazit: Eine Mischung aus alltäglichem Wahnsinn, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Die Autorin nimmt uns mit auf eine satirische Reise, bei der man wunderbar abschalten kann. Für mich war das Buch wirklich gut für zwischendurch und konnte mich trotz der Startschwierigkeiten überzeugen. Empfehlen würde ich es jedem, der gerne liest und etwas anderes als sein übliches Genre braucht. Herrlich erfrischend!

RO, Lena