Die Welt aus den Fugen

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sophia95 Avatar

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Das Leben der neunjährigen Maja ist ein komplett anderes, nachdem ihr Vater ihre Mutter umgebracht hat. Ihr Leben wird aus den Fugen gerissen, sie fühlt sich isoliert und unverstanden, trauert und zieht sich immer mehr zurück. Doch der Tod von Emma, Majas Mutter, beeinflusst auch das Leben von Emmas Eltern, die Maja kurzzeitig aufnehmen. Und auch das von Emmas bester Freundin Liv, die als Patentante versucht für Maja dazusein.

Jasmin Schreiber schafft es, mit ihren Büchern immer wieder mich emotional komplett abzuholen. Mauersegler und Mariannengraben mochte ich auch schon unheimlich gerne und dieser Roman reiht sich da nahtlos ein. Es geht um Femizide, Gewalt, Familie, Ehe, Mutterschaft, Frausein, Freundschaft, Liebe. Er hat mich auf viele Weisen bewegt und mich nachdenklich gemacht. Ich habe geweint, war entsetzt, gerührt, hoffnungsvoll, erstaunt.

Schreiber erzählt aus der Perspektive mehrerer Figuren. Da sind Maja, ihre Großeltern und Liv - aber auch Livs Hündin Chloe bekommt ein eigenes kleines Kapitel. In den Figuren stecken so viele liebevolle Details, die Emotionen nach dem Tod von Freundin, Mutter und Tochter sind so anschaulich beschrieben, dass es super leicht ist mitzufühlen, was den Roman unglaublich nahbar macht. Diese Figurenkapitel mixt Schreiber mit anderen Textsorten ab: dem Obduktionsbericht, Zeichnungen von Maja, Gerichtsbeschlüssen, Nachrichtenmeldungen zu anderen Femiziden. All das verdichtet die Handlung extrem, treibt die Handlung, da man immer wieder einen kleinen Vorsprung vor den Figuren hat und ihre Reaktionen miterlebt.

Mit "Da wo ich dich sehen kann" zeigt Jasmin Schreiber eine Seite von Femiziden, die man sonst nicht sieht. Die der Hinterbliebenen. Die, die mit der Zeitungsmeldung über eine "Familientragödie" zurückbleiben. Meiner Meinung nach ist es ein unglaublich wichtiges Buch und ich empfehle es uneingeschränkt jedem, der nicht vor diesem schlimmen Thema zurückschreckt. Definitiv ein Jahreshighlight!