Sehr gute Grundidee, aber Luft nach oben in der Umsetzung
Maja ist neun Jahre alt, als ihr Vater Frank ihre Mutter Emma tötet. Das Buch setzt einige Monate später an: Maja lebt vorübergehend bei Brigitte und Per, ihren Großeltern mütterlicherseits, und auch ihre Patentante Liv, Emmas beste Freundin, ist für sie da. Alle vier versuchen auf ihre Weise, die Tat zu verarbeiten und weiterzuleben, hadern mit Schuldgefühlen. Maja und Brigitte gehen zur Therapie.
In den Medien und gesellschaftlichen Debatten stehen meist die Täter im Fokus, während über die Opfer und deren Umfeld wenig gesprochen wird. Jasmin Schreibers Ansatz ist daher umso wichtiger: Sie legt den Schwerpunkt klar auf die Angehörigen, die nach einem Femizid in Trauer zurückbleiben, deren Leben aus der Bahn geworfen wird und die sich mit Schuldgefühlen quälen: Hätte ich etwas bemerken müssen? Genauer hinsehen, nachfragen, nicht lockerlassen? Gab es Anzeichen die ich übersehen habe? Hätte ich die Tat verhindern können?
Leider gelingt die Umsetzung nur bedingt. Keine der erwachsenen Hauptfiguren - Per, Brigitte, Liv - stand in den letzten Jahren mit Emma in so engem Kontakt, um uns Leser:innen einen Einblick in die Beziehungsdynamik der Ehe oder in das Gefühlsleben von Emma zu geben. Das bleibt weitestgehend eine Blackbox. Hierdurch liefern uns auch alle drei Perspektiven ähnliche Eindrücke, und man kann sich fragen, wozu es dann drei Figuren braucht, die in gewisser Weise redundant sind.
Der Schreibstil ist eher gewöhnlich, hier hatte ich mir literarisch mehr erwartet. Manches ist recht plump geraten, etwa wenn Liv und ihre Mutter in einem spontanen Gespräch ihre verkorkste Beziehung aufarbeiten und hierbei dem bereits verstorbenen Vater ganz bequem die Schuld daran in die Schuhe schieben. Ferner werden Emma und Liv in Rückblenden als extrem wissbegierige und begabte Kinder dargestellt, die durch Männer ihre Karriere aufgeben bzw. an die patriarchale Gläserne Decke stoßen. Das ist mir zu plakativ, zu einfach. Vieles ist schwarz-weiß gezeichnet, es fehlen die Zwischentöne.
Liv ist Astrophysikerin. In diesem Zusammenhang gibt es immer wieder Anspielungen auf Astronomie und Paralleluniversen, die auch als Bild für Was-wäre-wenn-Szenarien dienen. Diese Anspielungen wirkten auf mich aufgesetzt und verkrampft. Als Naturwissenschaftlerin mag ich es einfach nicht, wenn die Wissenschaft metaphysisch instrumentalisiert wird.
Nebenschauplätze nehmen relativ viel Raum ein, dafür kommen die Eltern von Frank zu kurz. Ein wirklich interessanter, weil häufig unterschätzter Aspekt, das Sorgerecht für Maja, wurde ebenfalls viel zu schnell abgehandelt. Ärgerlich sind zudem inhaltliche Fehler und Widersprüche im Buch.
Am stärksten ist das Buch für mich in den Maja-Kapiteln, wo ihre Zerrissenheit, ihre kindliche Vorstellung von ihrer Schuld am Tod der Mutter und die körperlichen und seelischen Folgen wirklich eindrücklich vermittelt werden. Allerdings hatte ich beim Lesen manchmal das Gefühl, dass der Schreibstil in den Kapiteln aus Majas Sicht nicht zu einer Zehnjährigen passt.
Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte immer wieder durch Gerichtsdokumente, Protokolle und Zeitungsberichte unterbrochen wird. Etwas verwirrend war jedoch, dass die in den Berichten erwähnten Vorfälle und Namen alle fiktiv sind, während die Statistiken zu Gewalt gegen Frauen vermutlich korrekt sind.
Insgesamt muss ich leider sagen, dass ich mir mehr erwartet hatte, sowohl literarisch als auch konzeptionell.
In den Medien und gesellschaftlichen Debatten stehen meist die Täter im Fokus, während über die Opfer und deren Umfeld wenig gesprochen wird. Jasmin Schreibers Ansatz ist daher umso wichtiger: Sie legt den Schwerpunkt klar auf die Angehörigen, die nach einem Femizid in Trauer zurückbleiben, deren Leben aus der Bahn geworfen wird und die sich mit Schuldgefühlen quälen: Hätte ich etwas bemerken müssen? Genauer hinsehen, nachfragen, nicht lockerlassen? Gab es Anzeichen die ich übersehen habe? Hätte ich die Tat verhindern können?
Leider gelingt die Umsetzung nur bedingt. Keine der erwachsenen Hauptfiguren - Per, Brigitte, Liv - stand in den letzten Jahren mit Emma in so engem Kontakt, um uns Leser:innen einen Einblick in die Beziehungsdynamik der Ehe oder in das Gefühlsleben von Emma zu geben. Das bleibt weitestgehend eine Blackbox. Hierdurch liefern uns auch alle drei Perspektiven ähnliche Eindrücke, und man kann sich fragen, wozu es dann drei Figuren braucht, die in gewisser Weise redundant sind.
Der Schreibstil ist eher gewöhnlich, hier hatte ich mir literarisch mehr erwartet. Manches ist recht plump geraten, etwa wenn Liv und ihre Mutter in einem spontanen Gespräch ihre verkorkste Beziehung aufarbeiten und hierbei dem bereits verstorbenen Vater ganz bequem die Schuld daran in die Schuhe schieben. Ferner werden Emma und Liv in Rückblenden als extrem wissbegierige und begabte Kinder dargestellt, die durch Männer ihre Karriere aufgeben bzw. an die patriarchale Gläserne Decke stoßen. Das ist mir zu plakativ, zu einfach. Vieles ist schwarz-weiß gezeichnet, es fehlen die Zwischentöne.
Liv ist Astrophysikerin. In diesem Zusammenhang gibt es immer wieder Anspielungen auf Astronomie und Paralleluniversen, die auch als Bild für Was-wäre-wenn-Szenarien dienen. Diese Anspielungen wirkten auf mich aufgesetzt und verkrampft. Als Naturwissenschaftlerin mag ich es einfach nicht, wenn die Wissenschaft metaphysisch instrumentalisiert wird.
Nebenschauplätze nehmen relativ viel Raum ein, dafür kommen die Eltern von Frank zu kurz. Ein wirklich interessanter, weil häufig unterschätzter Aspekt, das Sorgerecht für Maja, wurde ebenfalls viel zu schnell abgehandelt. Ärgerlich sind zudem inhaltliche Fehler und Widersprüche im Buch.
Am stärksten ist das Buch für mich in den Maja-Kapiteln, wo ihre Zerrissenheit, ihre kindliche Vorstellung von ihrer Schuld am Tod der Mutter und die körperlichen und seelischen Folgen wirklich eindrücklich vermittelt werden. Allerdings hatte ich beim Lesen manchmal das Gefühl, dass der Schreibstil in den Kapiteln aus Majas Sicht nicht zu einer Zehnjährigen passt.
Gut gefallen hat mir, dass die Geschichte immer wieder durch Gerichtsdokumente, Protokolle und Zeitungsberichte unterbrochen wird. Etwas verwirrend war jedoch, dass die in den Berichten erwähnten Vorfälle und Namen alle fiktiv sind, während die Statistiken zu Gewalt gegen Frauen vermutlich korrekt sind.
Insgesamt muss ich leider sagen, dass ich mir mehr erwartet hatte, sowohl literarisch als auch konzeptionell.