Das Herz vergisst nie

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owenmeany Avatar

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Mit dem ebenso irritierenden wie graziösen Bild eines im Meer schwimmenden Elefanten führt uns Gastmann ein in diese faszinierende Geschichte von Dalee und dessen jungen Führer Bellini.

Aus der Not heraus folgt die Familie dem Ruf nach begleiteten Arbeitselefanten zu Rodungen auf den Adamaneninseln. Schon das beinhaltet aufregende Szenen wie die qualvolle Überfahrt in engen Holzcontainern verbunden mit Krankheit und Tod und das Wettrennen der schweren Geschöpfe als Tauglichkeitsprüfung. Dalee ist stolze fünfzig Jahre alt, aber stark und erfahren. Vor Ort finden sie ausbeuterische Verhältnisse vor, vertreten durch den Verwalter Ray. Der Autor flicht immer wieder Informationen ein über die Kolonialgeschichte.

Die Inseln zeichnen sich aus durch eine paradiesische Natur voller Früchte, aber durch wilde und giftige Tiere, die das Leben der Menschen bedrohen.

Ein deutscher Direktor der Gesellschaft verschärft schließlich noch die Situation, indem er starken ökonomischen Druck aufbaut, während seine musisch begabte Ehefrau Bildung im wahrsten Sinne des Worts einbringt, indem sie die Kinder der Arbeiter unterrichtet. Sie verleiht auch den "Daak Naam", der "das kosmische Innen und Außen gebührend beschrieb" (S. 345), und ausgelöst durch ihre Initiative erhält das gealterte Tier eine Art Verklärung. Den "clash of cultures" symbolisieren zum Beispiel die mitgebrachten Uhren. Der Mentalität der Mahuts bringen die Europäer absolutes Unverständnis entgegen.

In lautmalerischer, sinnlicher Sprache voller einheimischer Begriffe breitet Gastmann die exotische Kulisse vor uns aus. Die Situationen ergeben ein Sinnbild des Lebens an sich, bis sie in eine regelrechte Apotheose münden, und ein einzigartiges Zeugnis der Symbiose von Mensch und Tier inmitten einer alles umspannenden Natur. Gastmanns große Stärke sind die Ausmalungen der Szenerie: wie er den Monsun beschreibt und den Zustand der Landschaft danach, dann den dramatischen Kampf gegen der Verlust der Holzernte. Ungemein farbige Darstellungen der Personen und Schauplätze blähen die Story auf, machen aber alles sehr anschaulich und erfreuen geneigte Leser durch meisterhafte Formulierungen. Ich staune über die akribische Recherche und das Hintergrundwissen, denn man kann kaum glauben, dass Gastmann kein "Native" ist.

Nach gelinden Anlaufschwierigkeiten wegen der ausufernden Schilderungen hat mich der Roman ungefähr nach der Hälfte völlig gepackt, dann konnte ich das Buch in atemloser Spannung nicht mehr aus der Hand legen. Die Rührung über den Schluss wird noch lange in mir nachhallen.