Starkes Kozept - schwache Ausarbeitung

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**»Wir sind eine Schule der Träume. Hier werdet ihr euch in Feen, in Prinzen, in Schwäne verwandeln – in weiße und schwarze –, in böse Königinnen und in Dämonen.« INHALT Die New Yorker Ballettakademie verheißt die Erfüllung aller Träume. Für die tanzbegeisterte Vanessa ist sie allerdings noch mehr als das: Sie tritt in die Fußstapfen ihrer begabten Schwester Margaret, die spurlos verschwunden ist. Vanessa hat das unbestimmte Gefühl, niemals an Margarets Talent heranreichen zu können. Dabei hat sie eine ganz eigene Art zu tanzen. Sie verliert sich in ihren Bewegungen - ohne zu ahnen, wie gefährlich das ist. Erst als sie die Titelrolle im Ballettstück Feuervogel bekommt, wird ihr bewusst, welche Kräfte die richtigen Schritte mit dem richtigen Partner freisetzen können: Sie öffnen das Tor in eine andere Dimension. Ein Tor, das besser verschlossen bleibt... AUFMACHUNG Schön, dass das neue Imprint von arsEdition das Originalcover übernommen hat. Das Motiv ist ein Blickfang und passt dazu noch sehr gut zum Thema. Optisch gefällt mir die englische Ausgabe wegen der Typografie und dem höheren Kontrast sogar noch einen Tacken besser. Auch der Titel wurde aus dem Original übernommen und erzeugt eine mysteriöse Stimmung. Nur den Untertitel »Tanz der Dämonen« hätte man meines Erachtens weglassen können, da der Zusatz dem eigentlichen Titel »Dance of Shadows« (dt.: »Tanz der Schatten«) zu sehr ähnelt und zudem einen nicht unwesentlichen Teil der Handlung verrät. ;) MEINE MEINUNG »Dance of Shadows« ist ein Buch, das mich zu gleichen Teilen wütend und traurig zurückgelassen. Die Prämisse hat so viel Potenzial, das Setting in einer Ballettakademie ist unverbraucht und bietet eine Menge Abwechslung. Aus der Geschichte hätte etwas Großes werden können, wenn die Autorin nicht so überfordert mit dem Stoff gewesen wäre. Erster Schwachpunkt ist die Handlung, die vor allem durch Logiklücken glänzt. Vanessas anscheinend so ängstliche und besorgte Mutter lässt ihre Tochter auf die Ballettschule, auf der schon ihr erstgeborenes Kind verlorengegangen ist? Unwahrscheinlich. Jahrelang sind Mädchen aus der Akademie verschwunden und die Polizei will nie etwas bemerkt haben? Unwahrscheinlich. Die Akademie hat die mysteriösen Fälle vertuscht ohne je die Aufmerksamkeit der Angehörigen zu erregen? Und auch das ist – Überraschung! – unwahrscheinlich. Aus dem kränkelnden Plot entstehen weitere Probleme. Damit die Handlung überhaupt „funktionieren“ kann, wird den Charakteren nur ein niedriger Intelligenzquotient zugestanden. Vanessa trampelt gutgläubig durch die Welt ohne ihrer Umgebung Beachtung zu schenken oder die Gefahr zu bemerken, in die sie schlittert. Jemand mit gesundem Menschenverstand würde wildfremden Leuten nicht so schnell Vertrauen schenken und hätte garantiert schon viel früher Verdacht geschöpft. Andererseits … Jemand mit gesundem Menschenverstand würde sich gar nicht erst in einer Akademie aufhalten, in der ständig Schüler verschwinden und hätte schon längst die Polizei verständigt. o.O Jedenfalls ist Vanessas Begriffsstutzigkeit mit der Zeit nervenaufreibend. Für Lösung des Mysteriums braucht die Protagonistin geschlagene 350 Seiten – dem Leser war es bereits nach der Hälfte des Buches klar, was es mit den verschwundenen Mädchen, den Lehrer usw. auf sich hat. Zugegeben, der Anfang und das Ende sind gelungen und atmosphärisch. Dazwischen muss man sich aber durch eine spannungstechnische Einöde quälen. Viele Abschnitte hätte man in ein oder zwei Absätzen zusammenfassen oder streichen können, da sie den Plot um keinen Schritt weiterbringen. Vanessa und ihre Freunde grübeln auf den 400 Seiten unzählige Male über Jungen, Probleme und das Geheimnis der verschwundenen Tänzerinnen – aber sie HANDELN nicht! Die einzigen Oasen in dieser Wüste sind die gelegentlichen Tanzpassagen, die im Gegensatz zum Rest sehr stimmungsvoll in Szene gesetzt wurden. Auch wenn die Beschreibungen der einzelnen Figuren dürftig ausfielen, hat man doch gemerkt, dass der Autorin das Thema am Herzen liegt. Da könnte man noch was draus machen! :D Zum Thema Liebe und Romantik ... »Dance of Shadows« ist ein Jugendbuch und wie wir alle wissen ist ein Jugendbuch ohne eine Dreiecksbeziehung nur schwerlich zu vermarkten. Also her mit dem Drama! Am Start haben wir neben der schon erwähnten Vanessa den gefährlichen Justin und den auf den klangvollen Namen getauften Zeppelin. Mehr muss man im Grunde nicht wissen. Vanessa verliebt sich augenblicklich in Zep und entwickelt eine starke emotionale, nicht nachvollziehbare Abhängigkeit zu ihm. Es ist verständlich, dass sich Vanessa geschmeichelt fühlt, wenn ein älterer Schüler sie umgarnt. Mit der Zeit wurde mir die andauernde Schwärmerei jedoch zu viel des Guten und ich habe mir vergeblich gewünscht, dass die Handlung sich wieder mehr um die verschwundenen Mädchen als um _Zep, Zep, Zep_ drehen möge. ;-) Justin und seine Funktion innerhalb der Geschichte bieten Potenzial. Bedauerlicherweise hat sich die Autorin dazu entschlossen, ihn als penetranten und aggressiven Stalker darzustellen. Die restlichen Rollen sind ebenfalls traditionell besetzt. Arrogante Zicken, Quatschmäuler, verständnisvolle Freundinnen, ein bedrohlicher Lehrer, eine Rosa-Tante und der Quotenschwule runden das Gesamtpaket ab. FAZIT Das Konzept ist großartig, die Ausarbeitung umso enttäuschender. Mit dem phrasenhaften Schreibstil, dem langgezogenen Mittelteil und den flachen, unrealistisch handelnden Charaktere konnte ich mich nicht anfreunden. Das Ende lässt allerdings die Hoffnung auf eine bessere Fortsetzung aufkeimen. Wenn die Autorin an ihrer Ausdrucksweise und den Figuren feilt und zudem die Welt besser ausarbeitet, bin ich gewillt, ihr noch eine weitere Chance zu geben. Bis dahin bleibt es bei einer Wertung von 2,5 VON 5 STERNEN**