"Adam ist tot. Mila wird ihren Verletzungen erliegen."

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dicketilla Avatar

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So lautet der letzte Satz des ersten Kapitels.
Eine Mutter, die eher Feierabend macht, in freudiger Erwartung schon das Karussel sieht, auf dem sie gemeinsam fahren werden, das Lachen der Kinder.
Doch das Schrecklichste was einer Mutter nur geschehen kann, ist der Anblick eines voller Blut bedeckten Kinderzimmers, und inmitten die Kinder dahingestreckt.
Ihr Schrei wird eine Ewigkeit noch in den Ohren der Nachbarn wiederhallen.

Dann geht die Handlung rückwirkend weiter, schleichend breitet sich das unvorsehbare Unheil aus.
Myriam, liebte es Mutter zu sein, daher kam auch der Wunsch nach einem zweiten Kind schnell auf. Doch dann schlich sich doch die Unzufriedenheit ein. Ihr Mann Paul, ein Pragmatiker, der als Musikproduzent seine Arbeit über die Familie stellte, war ihr keine große Hilfe.
Zufällig läuft ihr ein ehemaliger Kommilitone über den Weg, bietet ihr einen Job in seiner Kanzlei an, schließlich war sie einst die beste ihres Jahrgangs.
Noch nie hatte sie ihre Kinder jemanden anvertraut, jetzt wurde eine Nanny benötigt.
Die Begegnung mit Louise war Liebe auf den ersten Blick. Selbst Tochter Mila war total begeistert von der Frau, die gleich ein Spiel mit ihr spielte.
"Sie hat den Blick einer Frau, die alles verstehen und verzeihen kann.Ihr Gesicht ist wie eine stille See, deren Abgründe niemand erahnt."(S.25)
Sie sind begeistert, wie Louise die Kindererziehung und sogar den Haushalt managt.
Paul nennt sie schon liebevoll Mary Poppins.
Unsichtbar führt sie die Fäden des Familienlebens in der Hand. Ihr Nest ist gebaut.
"Tief in ihrem Innern ist sie sich jetzt sicher, brennend und schmerzhaft sicher, dass ihr Glück von ihnen abhängt. dass sie selbst ihnen gehört und die beiden ihr gehören."(S.77)

Louise, die von ihrem Mann gedehmütigt, ihre rebellische Tochter keine Mutter in ihr sah, sieh in ihr keine Tochter. Immer hat sie für die Kinder in anderen Familien gesorgt, ihren Kindern. Hat sich unentbehrlich gemacht, selbst anderen Nannys gegenüber erscheint sie als eine Übernanny. Dabei will sie nur etwas mehr Glück erfahren, wie diese Familien, die alles haben, sich dessen anscheinend nicht bewusst sind.
Sie schleicht sich immer mehr in die Familie ein, wie eine Spinne spinnt sie ihr Netz.
Und deren Opfer ahnen zu spät, dass etwas nicht stimmt.

Auch wenn die Tat zu Beginn des Buches schon feststeht, vermag es Leila Silimani, geschickt ihr psychologisches Spiel mit uns Lesern zu treiben.Langsam weiht sie uns in die Gefühlswelt der Hauptheldin Louise ein, ein sich drohendes Unheil voraustragend.
Immer mehr gibt sie preis, bis man erkennt, das deren Ausweglosigkeit zu einer Gefahr wird, die leider erahnt, aber nicht von den Eltern erkannt wird. Diese zwar der Nanny ihre Kinder anvertrauen, sich aber wenig für deren Leben interessieren.
Die kurzen Kapitel bereiten den Leser langsam darauf vor, der nach dem ersten Kapitel bereits über die Tat Bescheid weiß, aber deren Hintergründe, Ursachen zu hinterfragen versucht. Zeitsprünge ermöglichen ein detailiertes Charakterstudie Louises.
Ich war begeistert von der Sprachgewalt, mit der die Autorin ihren Psychothriller, mehr und mehr, bis zum Ende begleitet. Nicht reisserisch, sondern in langsamen, fast leisen Schritten, die dennoch eine grausame Spur hinterließen.

Ich kann das Buch nur weiterempfehlen!