Gefunden: die ideale Nanny

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emmmbeee Avatar

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Ein harmloses, herziges Foto als Coverbild? Ja, aber nur auf den ersten Blick. Schon dass das Mädchen auf dem Kutschenpferd zu Boden blickt, lässt vermuten, dass sich da unten etwas Unerwartetes, vielleicht auch Gefährliches befinden könnte, jedenfalls nichts Erfreuliches. Und: Ein Karussell ist das Sinnbild für alles, was irgendwann wieder zurückkommt, was bereits in früheren Jahren sehr ungut war.
Der Roman beginnt auch gleich mit einem Tod der gewaltsamen Sorte, noch dazu der Tod eines kleinen Kindes, was uns besonders berührt: die Nanny Louise, welche zuerst im Badezimmer die beiden ihr anvertrauten, von ihr geliebten, bisher bestens betreuten Kinder und dann sich selbst umbringen will. Welches tiefe persönliche Unglück steckt dahinter? Wie lange hat es die Frau schon im Verborgenen gequält, bevor es mit aller Gewalt ausbricht? Doch zurück zum Anfang!
Das gutsituierte Ehepaar Miriam und Paul findet die ideale Nanny für ihre beiden Kinder, da nun auch die Ehefrau arbeitet. Alles scheint bestens zu sein, ein gemeinsamer gemeinsamen Urlaub in Griechenland bestärkt sie noch in dieser Überzeugung. Louise sorgt hingebungsvoll und sorgfältig für die beiden Kleinkinder, thematisiert sogar ein mögliches drittes Kind, denn damit wäre sie gänzlich unentbehrlich. Überhaupt scheint sie die Familie im geheimen für ihre Zwecke zu lenken, übernimmt viel Verantwortung, sodass die Eltern mehr Zeit für sich haben und vollends zufrieden mit den neuen Zuständen sind.
Louise hat selbst viele Verluste hinnehmen und Furchtbares erleben müssen. Sie hat ihren Halt verloren, zwar mit der Familie einen neuen gefunden, aber ihr Leben bleibt innerlich zerrüttet, sie kann mit Geld nicht umgehen, ist mit Zahlungen im Rückstand, öffnet keine Briefe etc. Ihre Arbeitgeber ahnen nichts davon, dass Louise psychisch krank ist und wegen affektiver Störungen bereits hospitalisiert gewesen ist. Sie kann immer noch den Schein wahren, und niemand in der Familie ahnt, wie es wirklich um sie steht. Doch es soll nicht zu viel verraten werden: Lesen Sie selbst!
Der Roman liefert gleich mehrere Denkanstösse. Wie steht es mit unserer eigenen Achtsamkeit, was die Menschen in unserm engsten Umfeld betrifft? Wem dürfen wir überhaupt noch vertrauen? Gibt es in unserer behüteten, sorgsam gepflegten Welt überhaupt noch so etwas wie Sicherheit? Und vor allem: Was steckt möglicherweise in uns selbst?
Ein fesselnd geschriebenes Buch über menschliche Abgründe und ihre Folgen, in einer schlichten, aber umso berührenderen Sprache geschrieben.