Ist das noch Wetter oder schon Klima?

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laberladen Avatar

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Darum geht’s:

Es ist Juni in Deutschland und die ganze Republik ist mit Dauerregen überzogen. Es stürmt und gewittert, Hochwasser überschwemmen das Land und die Wetterlage wechselt so spontan, dass man sich kaum darauf vorbereiten kann. Sachwerte und Menschenleben sind bedroht und die Frage stellt sich: Ist das noch normal?

So fand ich’s:

Man weiß nicht genau, in welchem Jahr man sich befindet, doch wahrscheinlich schaut man nur wenige Jahre in die Zukunft. Mehrere Erzähler berichten abwechselnd von ihrem Regensommer in Deutschland.

Da ist der Versicherungsgutachter Philip Graf, der bei seinen versicherten Objekten auch Wasserwerk, Umspannwerk oder ein stillgelegtes AKW hat. Die technischen Störungen, mit denen er sich konfrontiert sieht, kann er sich nicht erklären. Zudem wartet seine Familie auf Kreta auf ihn, denn er hat wegen der wichtigen Dienstreisen den Familienurlaub nicht antreten können.

Arian Fischer ist Datenanalyst einer großen Baufirma und als er diesen ins Wasser gefallenen Sommer darauf analysiert, wie sich das auf seinen Arbeitgeber auswirkt und wie die Prognose für die Zukunft ist, entdeckt er, dass er mit seiner klimaskeptischen Ansicht wohl ziemlich falsch lag.

Die Wolkenforscherin Fjella Lange will ungewöhnlichen Wetterphänomenen nachgehen und kreuzt dabei die Wege der beiden Männer.

Daneben bekommen wir auch noch die Perspektiven von Jan Baumann, dessen kleines Bed and Breakfast dem Wetter kaum noch standhalten kann, mit oder die Sicht der Feuerwehrfrau Sarah. Auch die Innenministerin und zwei LKA-Beamte dürfen ihre Erlebnisse und Gedanken beisteuern.

Durch den ständigen Wechsel der erzählenden Person dauert es eine Weile, bis man sich in die Geschichte eingegrooved hat. Alle Erzählstränge sind interessant und haben mich gepackt, aber es hat doch eine Weile gedauert, bis ich mich orientiert hatte. Als sich die einzelnen Perspektiven nach und nach verbanden, kam weitere Spannung auf, die bis zum Schluss hielt.

Am Ende jeden Kapitels sind Ausschnitte aus Zeitungsartikeln, Nachrichtensendungen etc., die zum Thema passen und den Eindruck verstärken, dass die Ereignisse tatsächlich in 3 oder 4 Jahren so stattfinden könnten.

Es geht nicht nur um Klimawandel und die Folgen für die Menschen, auch wenn genau das sehr eindringlich beschrieben wird. Eine Thrillerstory ist ebenfalls eingewoben. Die scheint vielleicht auf den ersten Blick etwas weit hergeholt zu sein, doch im Laufe des Lesens freundet man sich auch mit diesem Gedanken an, zieht Vergleiche zu den Aktionen der “letzten Generation” oder politischen Parteien am Rand des demokratischen Spektrums – und schon ist all das Geschilderte möglich und teilweise sogar schon so passiert.

Machtstreben, Idealismus, Gemeinsinn, Ignoranz, Karriere, Dummheit, Menschlichkeit und vieles mehr vermischt sich zu einem lebensnahen Abbild der Gesellschaft, der Politik, Wirtschaft und Forschung. Im Mittelpunkt steht nicht ein einzelner heldenhafter Protagonist, sondern das Thema, was mir sehr gut gefällt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die spannende Unterhaltung mit Hintergrund zum aktuellen Umweltthema haben möchten.