Märchen statt Dark Academia

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Eden will am Woodford College neu beginnen, nachdem ihr bester Freund gestorben ist und sie sich die Schuld dafür gibt. Noch nicht mal auf der exklusiven Insel des Colleges angekommen, stößt sie (im wahrsten Sinne des Wortes) auf William Grantham III. und seine Freunde Devin und Kendra.

Ich war so gespannt auf die Geschichte, weil ich mir eine Mischung aus Dark Academia und New Adult überhaupt nicht vorstellen konnte. Wie kann man das Düstere mit einer aufkeimenden Anziehung und Verliebtsein kombinieren? Gar nicht, denn dieses Buch ist wie gewohnt ein New Adult Roman an einem College. Schade! Das Setting mit den efeuumrankten Gebäuden und die altehrwürdige Bibliothek ist sehr schön gewählt, aber mit der Büste Davids als Stifteköcher nur ein kleiner Teil von Dark Academia. Nichtmal in der Kleidung wurde die Ästhetik fortgeführt, wie auch, wenn Eden nur eine Hose, zwei Röcke und drei Pullis besitzt. Ich denke, einen Teil sollen die sozialen Experimente abdecken, die aber eher wie die Fortführung des „Wahrheit oder Pflicht“-Spiels einer unerfahrenen jungen wissenschaftlichen Mitarbeiterin wirken, die die Student/innen nur verletzten und beschämen.

Abgesehen davon, dass Eden und William sehr schnell unangenehmen und unpassenden Sex (1. und 3. Spicy Szene) haben, hat mich ihre Liebesgeschichte zusehends eingenommen. Sie sind sich immer näher gekommen und Eden konnte sich öffnen, da William auch liebe- und verständnisvoll ist. Die Nachrichten zwischen den beiden sind ebenso etwas Besonderes (muss ja schließlich einen Vorteil haben, dass der Millionär so eine technische Neuerung wie Handys ablehnt), weil sie mit Edens Vorliebe für Blackout Peotry und Williams Hang zu Theaterstücken verknüpft sind. Ich liebe die künstlerische Art, mit der die Blackout-Nachrichten in diesem Buch dargestellt werden. Ebenfalls ein schönes Detail ist Edens Faible für unbekannte Wörter, die ganz alltägliche Dinge beschreiben.

"Ich wünschte nur, man könnte bei sich selbst auch alles wegreißen und einfach neu tapezieren, aber das funktioniert nicht. Mit jedem Riss, mit jedem Stück, das von einem abgesplittert ist, muss man leben. Und das Einzige, worauf man hoffen kann, ist, dass man Menschen findet, die das akzeptieren. [...] Menschen, die einen trotz aller Unvollkommenheiten wertschätzen und lieben können.", S. 326

Neben den beiden Protagonisten sind die anderen Charaktere auch recht gut ausgearbeitet und mir fast alle sympathisch. Außer Devin, denn der ist sehr unsensibel und provoziert ständig. Besonders schade finde ich, dass Kendra ständig auf Garrett rumhackt, den ich im Gegensatz zu ihrem Stiefbruder Devin echt nett finde. Ihre Abneigung steigert sich in einen geschmacklosen Streich mit Garretts Handy (Stichwort Therapie), was überraschenderweise nicht einmal Eden stört, die ja schließlich selbst kurz eine Therapeutin hatte. Ja, ich weiß, was sich liebt das neckt sich, aber ich war am Ende echt überrascht, dass Garret zu Williams Freundeskreis gehört, so schlecht wie er vorher geredet wurde. William selbst ist der totale Good Guy, anfangs noch leicht arrogant, später dann hilfsbereit und verständnisvoll, außerdem noch reich und wunderschön… naja, wäre da nicht das Feuermal an seiner Stirn (finde ich persönlich überhaupt nicht hässlich). Ich finde es schade, dass Williams Makel eher oberflächlich in seinem Aussehen und seiner Unbehaglichkeit aufgrund seines Reichtums gewählt wurden. Trotzdem finde ich William sympathisch und liebenswürdig, jedenfalls bis zum Schluss. Ich mag nicht, wie das Buch endet, weil es nur Drama verspricht, und als ich den Klappentext zum zweiten Band gelesen habe, habe ich nur noch mehr Drama rausgelesen. Ich kann das Problem am Ende nicht verstehen und werde definitiv nicht den nächsten Band von „Dark Ivy“ lesen.

Fazit:
„Dark Ivy – Wenn ich falle“ ist leider kein Dark Academia-Roman, sondern eher eine märchenhafte New Adult-Geschichte, in der sich das arme Mädchen in den reichen Good Guy verliebt. Es gibt einige Details, die mich gestört haben, z. B. das Lustigmachen über Therapien, aber auch Aspekte, die ich toll fand, wie die Kommunikation zwischen William und Eden mittels Blackout Poetry und Theaterstücken. Die Liebesbeziehung der beiden fand ich, abgesehen von seltsamen spicy Momenten, schön und behaglich, wobei mich das Ende des Buches diesbezüglich sehr stört, weshalb ich das Drama im nächsten Band nicht lesen möchte.
2,5 Sterne