Ergreifend und düster

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claudi9i Avatar

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Nachdem ich das Buch im Januar 2021 gewonnen hatte, habe ich die ersten Kapitel innerhalb weniger Tage gelesen. Aber je tiefer ich die Geschichte des jungen Alem kennenlernen durfte, desto weniger wollte ich mich damit auseinandersetzen. Selbst wenn der Autor und der Verlag betonen, dass das Werk ohne Wertung geschrieben sei, war es alles andere als neutral für mich. Müsste ich ein Wort für Alems Kindheit finden, würde ich "gewalttätig" wählen und das nicht nur im physischen Sinne.
Wieso vergebe ich nur vier Sterne? Ich finde, dass es dem Autor an einigen Stellen nicht gelungen ist, das kindliche Erleben und Empfinden wiederzugeben. Als Menschen sind wir es gewohnt, Geschehenes mit einem Ziel zu erzählen, das dem kleinen Alem meiner Meinung nach noch nicht bewusst gewesen sein konnte.
Der zweite Kritikpunkt ist die sprachliche Ausgestaltung des Romans. Der Autor schreibt verständlich und leicht leserlich. Mir persönlich war der Stil allerdings an einigen Stellen zu einfach. Ich hätte mir detailliertere Beschreibungen gewünscht oder einfach hin und wieder Momente, in denen man zum Durchatmen kommt. An einigen Stellen wirkt die Geschichte "runtererzählt", damit sie gesagt ist, um endlich ein Ende zu finden. Das ist natürlich eine sehr subjektive Einschätzung und womöglich zu viel von mir interpretiert.
Auch wenn ich mich an einigen Stellen überwinden musste, den Roman weiterzulesen, bin ich sehr froh darüber. Anders hätte ich wahrscheinlich niemals so viel über Jugoslawien, Arbeiterfamilien und eine besondere Art der Integration erfahren.