Schwierige Kindheit

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raschke64 Avatar

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Alem hat eine sehr schwierige Kindheit. Er wechselt zwischen Kulturen und Familien, zwischen Liebe und Gewalt, zwischen Armut und Sicherheit. Seine Mutter stammt aus einem bitterarmen Bergdorf in Kroatien und geht in den 1960er Jahren als Gastarbeiterin nach Deutschland. In Würzburg arbeitet sie in einer Schokoladenfabrik und kommt sich vor wie im Paradies. Dort lernt sie auch Emir kennen. Ebenfalls Gastarbeiter, allerdings einer, der von Arbeiten nicht viel hält und stattdessen Kleinkrimineller wird. Trotzdem heiraten sie und ein Baby ist unterwegs. Die Mutter glaubt nicht, dass der Vater für die Familie sorgen wird und dass sie allein das Kind aufziehen kann. So gibt sie es in der Woche in eine Pflegefamilie, hat Alem nur am Wochenende. In der Pflegefamilie bleibt Alem viele Jahre und wird dort das achte Kind, denn es gibt sieben eigene.

Das Buch ist sehr gut lesbar, allerdings nicht einfach lesbar. Letzteres liegt am Inhalt. Schonungslos, geradlinig und direkt erzählt Alem von seiner Kindheit und seiner Jugend. Er muss sozusagen ständig zwischen allen switchen. Da ist auf der einen Seite seine Mutter, die eine Beziehung mit einem anderen Jugoslawen eingeht, der sie und später auch Alem schlägt. Da ist die liebevolle Pflegefamilie, die den Jungen beschützt und liebt, deren Familienoberhaupt allerdings auch der Naziideologie angehört und allen damit einige Probleme bereiten wird. Da sind die Besuche in Jugoslawien und die furchtbare Armut und kurz vor dem Jugoslawienkrieg auch der stark steigende Hass der Nationalitäten untereinander. Das sind die schönen Urlaube in Italien und die furchtbaren Erlebnisse an der jugoslawischen Grenze. Es ist nicht ganz eindeutig, was in dem Buch wirklich reine Autobiografie ist und was fiktional. Trotzdem wird die Situation der zweiten Generation der Einwanderer mit allen Problemen gut geschildert. Mir fehlten manchmal die entsprechenden Gefühle dazu, alles war sehr pragmatisch geschildert. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, inwieweit der Autor das wirklich alles selbst erlebt hat und diese furchtbaren Erlebnisse immer noch starke Schmerzen verursachen. Alles in allem ein sehr lesenswertes Buch.