Ein gefährliches Buch und eine gesuchte Bibliothek

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
die_bücherfanten Avatar

Von

Darum geht es

Vier Freunde treffen sich 1930 in ihrem (geheimen) Stützpunkt, dem Antiquariat am alten Friedhof. Vor Langeweile, aus Übermut und aus Geldnot stehlen sie besondere Bücher, um das Antiquariat zu finanzieren.
Felix ist der Stratege der Gruppe und fragt sich schon länger, wie weit sie noch gehen können, ohne aufzufliegen. Ein Coup geht gerade so gut, es wird immer gefährlicher. Doch da kommt das Angebot, die Hand von E.T. A. Hoffmann, eine gefragte Reliquie für Literaturliebhaber, zu stehlen. Bei Ausbaldowern trifft er Eva und verliebt sich rettungslos in sie. Der folgende Diebstahl allerdings nimmt eine fatale Wendung, so dass Felix letztendlich nach Amerika emigriert.
Als Buchsachverständiger kehrt er 1945 nach Leipzig zurück. Denn ein entstellter Häftling behauptet, der Vorleser von Hitler gewesen zu sein, und nur Felix, den er von früher kennt, wird er den Standort der Bibliothek verraten, wenn dieser Eva findet. So macht sich Felix auf die Suche nach seiner großen Liebe.

Mein Eindruck

Ich wollte das immerhin vierte Buch über das graphische Viertel in Leipzig unbedingt lesen. Sowohl »Die Bücher, der Junge und die Nacht« als auch »Das Haus der Bücher und Schatten« hatten mich in ihren Bann bzw. in den Bann des graphischen Viertels gezogen. Und wieder beschreibt Kai Meyer die düstere Atmosphäre zwischen den Druckereien und Buchläden, den Menschen und den drohenden Machtverhältnissen eindrucksvoll und beklemmend. Diesmal – wie auch beim dritten Buch – wählt Meyer als zweite Zeitebene die Zeit direkt nach Kriegsende und zeigt uns das zerstörte Viertel und die leidenden Menschen.
Dazu kommen ein rätselhafter Häftling, eine Todesserie und eine Suche nach einem Phantom.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ich fand es atmosphärisch dicht, spannend und berührend. Die aufgeworfenen Rätsel und ihre Lösung haben mich unterhalten. Und trotzdem bleibt bei mir das Gefühl, dass dieser Band nicht so fesselnd war wie die beiden anderen Bücher, die ich bis dahin über das graphische Viertel von Meyer gelesen hatte. Diese hatten mich atemlos vor Staunen über das Handwerk, die Figuren und die Geschichten zurückgelassen. Diesen Zauber habe ich diesmal nicht verspürt. Ich konnte mich nicht mit Felix und seinen Freunden in dem Maße verbinden, wie es mir bei den beiden anderen Büchern gelang.
Aber das ist wahrlich Jammern auf hohem Niveau, dieses Buch ist ein Pageturner und jeden Buchstaben wert, mit dem es gedruckt wurde.

Fazit

»Das Antiquariat beim alten Friedhof« ist eine sehr lesenswerte Geschichte, die gekonnt – wie von Kai Meyer gewohnt – zwei wichtige Zeitebenen miteinander verwebt und ein eindrückliches Bild von den Zeiten, den Menschen und ihren Machenschaften erzeugt. Sehr unterhaltsam.