Mystischer Ausflug ins Graphische Viertel

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buecherseipi Avatar

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Pünktlich Anfang November ist Kai Meyers neue Roman aus dem Graphischen Viertel in Leipzig erschienen und ich musste ihn natürlich sofort lesen!
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Auch dieses Mal erleben wir eine spannende Geschichte in zwei Zeitebenen. Es geht – natürlich – um alte Bücher, Freundschaft, Verrat, Krieg und auch ein bisschen um die Liebe und selbstverständlich passiert auch wieder der ein oder andere Mord.

Im Jahr 1930 begleiten wir Felix, Vadim, Julius und Eddie. In ihrem „Club Casaubon“ treiben sie sich im sich finanziell kaum tragenden Antiquariat von Vadim herum, anstatt ihrem Studium nachzugehen. Ihr Geld verdienen sie damit, reichen Auftraggebern seltene Bücher auf meist nicht sehr legalem Weg zu beschaffen. Dabei geraten sie durch ihre Lust auf Abenteuer sehr oft in brenzlige Situationen. Als dann auch noch Eddies Schwester Eva zu ihnen stößt, wird die Stimmung immer angespannter und die Aufträge immer riskanter…

Der zweite Part spielt 15 Jahre später, kurz nach Kriegsende. Felix arbeitet zwischenzeitlich als Bibliothekar für die Amerikaner, um geraubte Bücher zu katalogisieren. Eine besondere Mission führt ihn zurück nach Leipzig, wo er mit den Geistern seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Er gerät immer tiefer in ein Netz aus Gewalt und Verrat und muss tief in die Winkel früherer Zeiten vordringen, um alle Geheimnisse rund um rätselhafte Morde aufzudecken.
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„Eine weiße Mondsichel beschien das Schloss und zersprang auf dem Wassergraben zu Spiegelscherben. Als hätte jemand eine Schublade voller Messer auf die schwarze Oberfläche gekippt, ein Kreuzmuster funkelnder Klingen.“ (S. 305)

Erneut hat mich der mystische Schreibstil von Kai Meyer in die Welt der Bücher und Geheimbündnisse gezogen. Er hat ein unglaubliches Talent dafür, die Umgebung und Atmosphäre so zu beschreiben, dass man sich mitten im Geschehen wähnt und den Nebel um seine eigenen Füße wabern fühlt.

Leider hat mich diesmal die Geschichte um die Freundesgruppe relativ lange nicht so richtig erreicht. Erst ab etwa der Hälfte des Buches hat diese Sogwirkung eingesetzt, die ich bei den Vorgängerbüchern von Anfang an wahrgenommen habe. Ich kann allerdings nicht mal genau sagen, warum das so war. Die Geschichte ist wie immer sehr gut durchdacht und das Setting ist einfach Spitzenklasse. Vielleicht lag es daran, dass ich diesmal die Charaktere allesamt nicht besonders sympathisch fand (bis auf den leicht knurrigen Kriminalkommissar Cornelius Frey, den ich schon aus den anderen Büchern kannte). Ich habe mir schon vorgenommen, das Buch zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zur Hand zu nehmen, vielleicht war diesmal einfach nicht der richtige Zeitpunkt für mich.
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Alles in allem ist „Das Antiquariat am alten Friedhof“ jedoch wieder ein spannender Roman, der von der bildhaften und atmosphärischen Schreibweise lebt. Die Story ist spannend und ich kann es – trotz meinem diesmal ambivalenten Lesegefühl – auf jeden Fall weiterempfehlen.