Ein versäumtes Leben

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brittali Avatar

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Ich mag die ruhigen Bücher, die mit dem schlichten Geschichten, die ohne viel Tamtam daherkommen. Schon der Klapptext ließ mich vermuten, dass es sich hier um solch ein Buch handeln könnte. Er, der namenlose Ich-Erzähler, liebt Franziska seit ihrer gemeinsamen Jugend. Doch eine Beziehung führen sie nie.

So lebt er sein Leben im Schatten dieser unerfüllten Liebe und versäumt dabei, was sich ihm sonst hätte bieten können. Stattdessen ist Franziska als Phantasiegestalt ein steter Begleiter. Streckenweise hat mich dieser Umstand verwirrt, das Zwiegespräch und die Träume von Franziska wirken teilweise beängstigend, als sei er krankhaft von ihr besessen.

Nach dreißig Jahren ist sie immer noch stets Bestandteil seines Lebens. Was für ein fürchterliches Gefühl, besonders, wenn die Liebe von der betreffenden Person nicht erwidert wurde. Gibt es ein schlimmeres Gefühl, als geliebt zu werden, aber nicht zurückzulieben?

Insgeheim beglückwünsche ich die jugendliche Franziska zu ihren fehlenden Gefühlen für den Ich-Erzähler, war er mir doch in seiner Melancholie immer wieder unsympathisch und in seinen Handlungen egozentrisch und egoistisch.

So führte er beispielsweise langjährige Beziehungen, ohne zu lieben. Er ließ Frauen Jahre verschwenden, nur weil er "die Eine" nicht bekommen konnte, war für mich ebenso abstoßend wie der ihm völlig fehlende Lebensinhalt. Es sei denn man möchte das Archivieren von Zeitungsaetikeln als Lebensinhalt sehen.

Schade, dass der Inhalt des Romans mich so wenig ansprach, den sprachlich hat Peter Stamm viel zu bieten. Sein Textaufbau, der Syntax und die verwendeten sprachlichen Bilder gefielen mir gut und hielten mich trotz der für mich fragwürdigen Handlung im Text.

"Ich würde ihr gerne vom Dabeiseienden erzählen, Gott als Archivar, der unsere Akten nachführt, nicht um uns zu richten, nur damit nichts verloren geht." (S.152)

Deshalb 3 von 5 🌟