spannende Abenteuer, ziemlich düstere Atmosphäre, 4,5 Sterne

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daydreamerin Avatar

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Für Rachel und Robert gibt es außerhalb ihrer Wohnung nur wenig Freude. Der machtgierige, alles möglich verbietende Präsident ihres Landes mag keine Kinder, dementsprechend gehören sie für ihn nicht in die Öffentlichkeit. Gerade mal zur Schule und zum Arzt dürfen sie noch gehen. Und obwohl ihre Eltern sich bemühen, es ihnen zu Hause schön zu machen, ihnen Geschichten erzählen und kleine Abenteuer ins Wohnzimmer holen, bekommen sie mit, wie die Situation im Land immer schlimmer wird. Als dann auch noch ihr Vater eingesperrt wird, weil er ein magisches Buch gestohlen hat, spitzt sich die Lage weiter zu. Die Geschwister sind wild entschlossen, hinter das Geheimnis des Buches zu gelangen und damit ihrem Vater zu helfen. Allerdings haben sie einen gefährlichen Gegner, denn Präsident Malstain hat ebenfalls ein Interesse an dem Buch, nur aus ganz anderen Gründen…

Rachel, die im Buch 12 wird, und ihr knapp zwei Jahre älterer Bruder Robert leben in Krasnia, einem Land mit vielen strengen Regeln, Verboten und immer härter werdenden Gesetzen. Die Lebensumstände sind rau und verschlechtern sich zusehends. Freundlichkeit, Herzlichkeit und, Hilfe für die Mitmenschen findet man nur noch wenig, wer sich zu offen gegen das System stellt, muss mit Strafen und Verfolgung rechnen, sobald man auffliegt. Dementsprechend kümmert sich jeder eher um sich und seine Familie, um nur nicht aufzufallen. Diese Lage macht es für Robert und Rachel nicht gerade leicht, Verbündete zu finden, im Kampf für ihren Vater und gegen den diktatorischen Präsidenten. Wem können sie trauen, wem dürfen sie etwas erzählen? Fragen, die die beiden stets begleiten und nicht immer treffen sie dabei die richtige Entscheidung. Manche Informationen nutzen ihre Gegenüber für eigene Zwecke, sie geraten in brenzliche Situationen, aus denen sie nur knapp entkommen, wenn überhaupt. Doch immer wieder stoßen sie auch auf Menschen, die ihr Herz noch am rechten Fleck haben, die sich ebenfalls gegen das System stellen und versuchen, den Kindern bei ihrer heiklen Mission zu helfen.

Die Atmosphäre im Buch ist größtenteils eher ernst, teilweise auch ein bisschen bedrückend, da den Kindern immer wieder Steine in den Weg gelegt werden und sie einiges mitmachen. Zwar gibt es auch immer wieder kleine Lichtblicke und tolle Botschaften, aber leicht haben die Protagonisten es nun wirklich nicht. Die gesamte Lebenslage ist eher niederschmetternd, es gibt nicht viel Freude im Land und das macht sich überall bemerkbar. Mit all den Themen und Entwicklungen, die da zusammenkommen, bin ich etwas unentschlossen, ob ich es nicht etwas zu düster, anspruchsvoll und vielschichtig finde für die Altersempfehlung ab elf Jahren. Die politische Lage wird zwar nicht bis ins kleinste Detail ausgebaut, aber es spielt schon immer wieder eine große Rolle, neben den anderen Aspekten, die da zusammenkommen.

An sich mochte ich aber den Verlauf der Geschichte wirklich gern und mich hat auch die Stimmung nicht gestört. Ich mag auch mal ernstere Bücher, in denen es nicht immer nur Erfolge und Sonnenschein gibt. Immer wieder konnte man sich beim Lesen auch selbst fragen, wem man wohl trauen kann und was da noch auf die Kinder zukommt, ob sie ihre Herausforderungen meistern, welche glücklichen Fügungen sie dafür vielleicht noch brauchen, welche Umstände ihnen in die Hände spielen werden und welche eher nicht. Auf ihrem Weg begegnen sie unterschiedlichen Menschen, die mal mehr mal weniger mit in den Fokus rücken. Von einigen erfährt man etwas mehr, andere bleiben eher im Hintergrund und sind eher kurze Wegbegleiter. Besonders im Mittelpunkt stehen Robert und Rachel, die man auch die meiste Zeit mit dem personalen Erzähler begleitet. Zwischendurch gibt es aber noch Einblicke aus einer anderen Perspektive, so dass man einen noch besseren Überblick bekommt. Und manchmal auch einen kleinen Wissensvorsprung hat.

Rachel ist sehr mutig, kombiniert clever und geht auch mal ein Wagnis ein., mit unterschiedlichem Ausgang. Trotzdem merkt man aber auch, dass es ihr manchmal zu viel wird und sie zweifelt und sehnsüchtig auf Hilfe hofft, was ich verständlich fand. Robert ist ein Orientierungstalent und im Verlauf der Geschichte wirklich überrascht von seiner Schwester, die wahrlich über sich hinaus wächst. Ich mochte die beiden Protagonisten gern und fand es angenehm, sie zu begleiten. Bei all den turbulenteren, ernsten Momenten, bei den sehr schwierigen, teilweise ergreifenden Entscheidungen, aber auch bei den Augenblicken, die etwas positiver und wärmender waren.
Krasnia ist nicht so modern, wie die heutige Welt, aber auch nicht komplett altertümlich, ich habe es als eine Mischung empfunden. Einige technische Errungenschaften und Fortschritte gibt es, andere eher nicht oder vielleicht wurden sie auch wieder verboten. Und dann kommt noch ein Hauch Magie dazu.

Den Schreibstil habe ich als mitnehmend und trotz der eher ernsten Atmosphäre als angenehm und einnehmend empfunden. Es ist sprachlich auch nicht zu schwierig gehalten, auch wenn manche Aspekte schon recht komplex sind und die jungen Protagonisten auch nicht jede Facette erfassen können. Was wichtig ist, verstehen sie aber sehr wohl und kämpfen verbissen für ihre Heimat. Mir hat die Mischung aus Erfolgen und Misserfolgen, kleinen Abenteuern, Verbündeten, aber auch mal Verrat und kleinen Intrigen, Flucht und Verfolgung, ernsten Gesprächen und hoffnungsvollen Momenten gut gefallen. Es steckt viel drin in dem Buch, immer wieder wird es auch etwas nachdenklicher, so habe ich es zumindest empfunden. Langweilig wird es zumindest nicht, zwischendurch wird auch die Spannung und das Tempo dann immer wieder angezogen. Stellenweise ist es auch nicht so leichte Kost, was die Protagonisten da erleben und dann verarbeiten müssen.

Zu Beginn jedes Kapitels gibt es kleine Illustrationen, die toll auf den Inhalt der Geschichte abgestimmt sind. Zwischendurch gibt es auch mal seitenfüllende Bilder als Abtrennung. Richtig schön eingebunden sind auch die Seiten aus dem Buch der gestohlenen Träume, um das es sich ja sehr stark dreht. Man bekommt einige der Träume, die dort drinstehen, gezeigt, so schön illustriert, wie es innerhalb der Geschichte beschrieben ist. Diese Abschnitte sind teilweise nicht so leicht verständlich, was aber auch dem Inhalt und dem Zweck der Träume geschuldet ist, und dem Alter des Buches. Für mich wirkten diese Einblicke sehr authentisch und es fügte sich gut in die Gesamtgeschichte ein.

Das Buch ist als Auftakt ausgeschrieben, ich empfand das Ende jedoch als ziemlich in sich abgeschlossen, so dass man jetzt nicht mit einem großen Cliffhanger rausgeht. Im nächsten Band scheint es sich dann wohl um ein anderes Abenteuer zu drehen, vielleicht ja auch um das nächste, magische Buch.
Fazit

Ein spannendes, mitnehmendes, wenn auch eher ernstes und düsteres Buch. An Abenteuern und Herausforderungen wird nicht gespart, man bekommt aber auch einen Eindruck vom Setting und den wichtigsten Figuren. Die bedrückende politische und gesellschaftliche Lage spielt eine große Rolle in den Entwicklung, ebenso das persönliche Schicksal der jungen Protagonisten. Es steckt viel zwischen den Buchrücken und ich fühlte mich für die Geschichte eingenommen und von den Ideen und dem tollen Stil mitgenommen. Allerdings bin ich unentschlossen, ob ich es wirklich bereits ab elf Jahren empfehlen würde.