I gitt, eine Spinne!

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martinabade Avatar

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Zu allererst einmal: Herzlichen Glückwunsch an den Verlag Klett-Cotta. Was für ein schönes Buch. Und zwar nicht nur von außen sondern auch von innen. Das kommt alles very, very British rüber. Und auch die Autorin, Kate Summerscale, ist ein durch und durch britisches Gewächs, mit kleinen Abstechern über den großen Teich. Für ihre zahlreichen Sachbücher hat sie bisher etliche Preise und Ehrungen erhalten.

Nun also ein Buch über Manien und Phobien, Obsessionen und Ängste, ein Kuriositätenkabinett, sauber nach Alphabet sortiert. Das könnte wie eine Anekdotensammlung klingen. Jeden Abend, vor dem zu Bett gehen, ein Kapitelchen, mit dem wohligen Schauer „Puh, wie gut, dass ich das nicht habe.“ Über „Puh, das könnte ja auch ich sein.“ Zu „Puh, das ist ja eins zu eins die Schwiegermutter, die Kollegin, der Gartennachbar.“

Auch dafür wäre dieser Band gut, aber schade drum wär’s. Denn in den Hinweisen zur Benutzung des Textes wird es ganz klar gesagt: Es handelt sich hier um ein gut recherchiertes und gekonnt geschriebenes Manual für den interessierten Laien über diverse psychische Störungen. Diese haben Krankheitswert, entweder für die Patientinnen und Patienten selbst oder für deren Umfeld, Familie, Freunde, Kollegen. Oft geht die Autorin lang zurück in die Erforschung und Systematisierung von verschiedenen Verhaltensweisen, hat aber auch immer unterhaltsame Fallbeispiele oder gegenwärtige Vertreter, die wir alle kennen.

Wichtig ist bei der Lektüre: Nicht zu viel auf einmal. Vorsicht auch an alle, die zur Hypochondrie neigen, sonst habt Ihr gleich jede Störung, über die Ihr gelesen habt. Und für die, die sich schadenfroh über die Bettdecke wälzen: Passt auf! Stichwort: Leidensdruck. In zwei Wochen wacht Ihr auf und reißt Euch die Haare vom Kopfe. Oder traut Euch nicht mehr aus der Haustür. Oder rennt panisch weg, wenn Ihr einen Luftballon seht. Und was dann?

Hippophobie – Geraskopie – Pyromanie - Monophobie - Trichotillomanie – Erotomanie - soziale Phobie - Oniomanie - ....