Ungewöhnlicher Roman über einen Kriminalfall

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
annajo Avatar

Von

Der Literaturagent Peter Katz erhält das Manuskript des unbekannten Autors Richard Flynn zugesandt, in dem es um einen Mordfall aus den 1980er Jahren geht. An der Elite-Unversität Princeton wurde damals der renommierte Psychologieprofessor Joseph Wieder ermordet. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Flynn hat damals für Wieder gearbeitet. Nun möchte er darüber schreiben, was damals wirklich passiert ist. Doch das Manuskript endet nach ein paar Kapiteln und Flynn kann die restlichen Seiten des Buches nicht mehr schicken, da er mittlerweile tot ist. Katz ist sofort von dem Manuskipt gefesselt und will unbedingt herausfinden, welche Wahrheit Flynn endlich über den Mord aufdecken wollte. Doch auf der Suche nach der Wahrheit tauchen immer mehr Unstimmigkeiten auf.

An sich ist die Grundidee des Buches nichts Ungewöhnliches. Ein alter Mordfall, ein Sterbenskranker, der endlich die Wahrheit loswerden will, eine Frau, die eine zwielichtige Rolle spielt. Und trotzdem empfand ich das Buch als außergewöhnlich. Für mein Empfinden gab das Buch ein gutes, zügiges Tempo vor. Es ist nicht so temporeich, wie es vielleicht ein Thriller wäre. Aber es handelt sich hierbei um einen Roman und man ist Teil der Nachforschungen, die sich naturgemäß aufgrund der Jahrzehnte, die zwischen Mord und Manuskript liegen, nicht einfach gestalten und nicht immer sofort zu Ergebnissen führen. Ganz besonders ist dieses Buch durch die Konstruktion der verschiedenen Erinnerungen. Immer wieder stößt man auf frustrierende Abweichungen zwischen den Erinnerungen von Zeugen und Personen, die etwas mit Wieders Tod zu tun haben könnten, legen nicht freiwillig und sofort ein Geständnis ab. Hilflos schaut man den Figuren beim Lügen zu, aber es bleibt bei dem Gefühl, dass sie Lügen und man erhält nie absolute Gewissheit. Gerade diese Alltagsnähe macht das Buch so gut. Immer wieder wird erwähnt, dass das Mordopfer sich mit der Natur von Erinnerungen befasst hat und das ist auch implizit zentrales Thema des Buches.
Ein gutes Instrument dieses Buches ist die Erzählperspektive: die Geschichte wird in drei Teilen aus der jeweiligen Ich-Perspektive des Literaturagenten, eines Journalisten und eines ehemaligen Detectives erzählt. So hat man niemals einen allwissenden Erzähler und verfügt immer nur über begrenzte und subjektiv eingefärbte Informationen. Alle Personen, die mit Wieder zu tun hatten, hatten in irgendeiner Form ein Motiv und der Professor selbst hat ethisch fragwürdige Dinge getan. Zum Schluss hat man das Gefühl, durch ein Spiegelkabinett zu wandern und nicht mehr zu wissen, welches Bild das richtige ist.

Für mich ein pefekt konstruierter, kurzweiliger, intelligenter und durchaus spannender Roman, den ich gern gelesen habe und der mich aus dem anstrengenden Alltag entführt hat.