Altes Märchen mit einem Hauch bitterer Schönheit

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elchi Avatar

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„Das Dreizehnte Kind: Wenn der Tod ruft, muss sie gehorchen“ von Erin A. Craig ist ein düsteres, märchenhaftes Fantasy-Retelling, das mich sofort in seinen Bann gezogen hat. Schon der Klappentext, besonders die Zeile „Als dreizehntes Kind wurde sie einem Gott versprochen: dem Tod persönlich“, hat mich extrem neugierig gemacht. Ich liebe Märchenadaptionen in jeglicher Art – und gerade diese düstere, geheimnisvolle und melancholische Atmosphäre hat mich tief berührt. Erin A. Craig nimmt das alte Grimm’sche Märchen „Gevatter Tod“ und spinnt daraus eine düster-romantische Geschichte, die ganz und gar ihre eigene Stimme findet. Eine Geschichte, die sich anfühlt wie ein altes Märchen, nur vielschichtiger, emotionaler und mit einem Hauch bitterer Schönheit.

Wir begleiten Hazel, die als dreizehntes Kind geboren und dem Gott des Todes versprochen wurde. Schon in ihrer Kindheit liegt ein Schatten über ihr, und man spürt von Anfang an, dass sie für etwas Größeres bestimmt ist. Ihre Kindheit ist keine leichte, doch als Merrick, der Gott des Todes, sie zu sich holt, verändert ihr Leben sich unwiderruflich. In einer Welt, in der Götter auf das Leben der Menschen Einfluss nehmen, wächst sie mit einer Gabe auf, die zugleich Segen und Fluch ist: Sie sieht auf den ersten Blick, wie jede Krankheit geheilt werden kann, aber auch, wenn jemand dem Tod geweiht ist. Und wenn der Tod ruft, hat sie keine Wahl. Sie muss gehorchen. Ihr Weg als Heilerin führt sie an den königlichen Hof, wo sie sich zwischen göttlichem Auftrag, menschlicher Moral und den dunklen Geheimnissen des Reiches behaupten muss.

Was mir an diesem Buch so gefallen hat, ist, wie ruhig und gleichzeitig intensiv es erzählt ist. Erin A. Craig nimmt sich Zeit, Hazels Leben von der Kindheit bis zum Erwachsenwerden zu entfalten. Man wächst mit ihr mit, erlebt, wie sie sich verändert, wie sie zweifelt, hofft, liebt und leidet. Hazel ist keine typische Heldin, sondern ein Mädchen, das versucht, das Richtige zu tun, auch wenn sie sich selbst dabei verliert. Sie ist verletzlich und stark zugleich. Gerade diese Zerrissenheit macht sie so greifbar. Sie will helfen und heilen, und doch wird sie von den Geistern derer verfolgt, denen sie Frieden schenken musste.

Merrick, der Tod selbst, ist ebenfalls ein sehr interessanter Charakter. Mal wirkt er wie ein Beschützer, fast zärtlich in seiner Strenge, dann wieder wie eine unnahbare Gottheit, grausam und konsequent. Die Beziehung zwischen ihm und Hazel ist kompliziert und vielschichtig, manchmal zärtlich, manchmal abgründig. Ich wusste nie genau, ob ich ihn mögen oder fürchten sollte – und genau das macht den Gott des Todes aus.

Auch die Nebenfiguren sind gelungen und tragen viel zur Tiefe der Geschichte bei. Der König, der Prinz, Hazels Geschwister und die Priester – sie alle wirken lebendig und bringen ihre eigenen Geheimnisse und Motive mit. Sehr schön eingebettet ist auch die zarte Romantik, die sich im Laufe der Geschichte in den Begegnungen zwischen Hazel und dem charmanten, leicht rebellischen Thronfolger, Prinz Leo, entwickelt. Ein leiser Ton – kein übertriebener Liebesplot – der das düstere Grundthema der Geschichte sanft ergänzt.

Die Welt, in der das alles spielt, ist wunderbar atmosphärisch. Sie wirkt mittelalterlich, und Religion und Götterglaube formen das Denken und Handeln der Figuren. Besonders gelungen finde ich, dass die Götter nicht bloß Mythen bleiben, sondern reale Wesen sind, die aktiv in das Leben der Menschen eingreifen. Das ganze System aus Göttern, Priestern und königlicher Politik ist logisch aufgebaut und wirkt trotzdem geheimnisvoll.

Der Schreibstil der Autorin ist bildhaft und fließend, aber nie überladen. Erin A. Craig schafft es, mit wenigen Worten eine dichte, düstere Stimmung zu erzeugen. Man spürt, wie sehr sie Märchen liebt – jede Seite ist durchzogen von dieser alten, leicht unheimlichen Magie. Das Tempo ist ausgeglichen. Die Spannung baut sich langsam aber stetig auf. Es gibt ruhige Passagen und vielleicht zieht sich das Buch an manchen Stellen etwas – jedoch gerade diese Ruhe hat für mich dazugehört. Sie lässt Raum für Emotionen. Gegen Ende zieht das Tempo deutlich an, und ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen.

Fazit:

„Das Dreizehnte Kind: Wenn der Tod ruft, muss sie gehorchen“ von Erin A Craig ist für mich ein Buch, das lange nachhallt. Es ist düster und wunderschön zugleich, traurig und tröstlich, grausam und zärtlich. Wer Märchen liebt, die nicht von Prinzen und Happy Ends erzählen, sondern von Schicksal, Verlust und dem Mut, dem eigenen Herzen zu folgen, wird ebenfalls ein Zuhause in dieser Geschichte finden! Absolute Leseempfehlung!