Frühwarnsystem Arktis - Der Polarforscher und der Klimawandel

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
evaczyk Avatar

Von

Als Polarforscher hat Arved Fuchs im Laufe der Jahrzehnte Einblicke in die Auswirkungen der Erdregionen erhalten, zu denen die meisten Menschen niemals Zugang haben werden. Zwar ist das Foto des verhungernden Eisbären auf einer abgebrochenen Eisscholle viral als Symbol für die Erwärmung der Polargebiete geworden - doch wenn Forschungsschiffe plötzlich problemlos Gebiete durchschiffen können, in denen noch wenige Jahre zuvor noch dichtes Packeis einen Wettlauf mit der Zeit zur Durchquerung der Passage machte, dann zeigt sich der Klimawandel mit einer noch ganz anderen Deutlichkeit als in den Extremwetterereignissen in unseren Breitengraden, den immer heißeren Sommern.

Mit seinem Buch "Das Eis schmilzt" hat Arved Fuchs seine Forderungen nach neuem Denken bei Klimaschutz und Wirtschaft in eine auch für Nicht-Wissenschaftler leicht verständliche Form gebracht, die auch Menschen ohne viel Hintergrundwissen nicht überfrachtet. Mit zahlreichen Bildern sowohl von seinen Forschungsreisen und den großartigen Natureindrücken wie auch von den schockierenden Eingriffen der Menschen - als Beispiel seien die teils giftigen Müllhalden ehemaliger amerikanischer Militärbasen auf Grönland genannt - beeindruckt das Buch auch optisch.

Dabei beschränkt sich Fuchs nicht auf die Entwicklung in den Polar- oder Permafrostregionen, sondern er schildert den globalen Zusammenhang der Klimakrise - die Rolle der Industriestaaten bei den Emissionen von Kohlendioxid oder bei der Überfischung der Meere, die Zerstörung der Lebensgrundlagen bei Menschen im gloalen Süden, die zu immer mehr Klimaflüchtlingen führen, die auch in Europa eine Perspektive suchen - nicht aus Abenteuerlust, sondern aus schierer Not. Und er kritisiert die Gleichgültigkeit angesichts des Sterbens im Mittelmeer, erinnert an die Aufmerksamkeit und Ressourcen, die etwa das in Seenot geratene norwegische Kreuzfahrtschiff "Viking Sky" im vergangenen Jahr erhielt. Aber da waren ja auch finanzstarke europäische Passagiere an Bord, die es zu retten galt.

Ob Plastik in den Meeren oder Energiekrise, Zaudern der Industriestaaten und die Forderungen der Fridays for Future-Bewegung, Artensterben und Nahrungsketten - Fuchs erinnert, dass es viele Zusammenhänge zu berücksichtigen gilt. Und er stellt aktuelle Zusammenhänge beim Glauben an die angebliche Beherrschbarkeit der Klimakrise her: "Die Coronakrise lehrt uns, dass wir nicht so unverwundbar und omnipotent sind, wie wir glauben". Oder: "Die Coronakrise wird irgendwann vorbei sein - der Klimawandel hingegen ist irreversibel."

In seinem Buch plädiert Fuchs, der sich schon seit Jahren für Klima- und Naturschutz engagiert, für eine wirkliche Energiewende, nennt Beispiele und verweist auf best practice-Erfahrungen. Und vielleicht, so hofft er, könnte gerade die Coronakrise einen positiven Impuls liefern - nämlich, wenn die Konjunkturprogramme nach der Pandemie in Deutschland und Europa dazu dienen, der Wirtschaft eine Neuausrichtung zu ermöglichen und Zukunftstechnologien den benötigten Anschub zu geben.