atemberaubendes, facettenreiches Buch

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soetom Avatar

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"Das Eis" ist eines der fesselndsten Bücher, die ich seit langem gelesen habe. Dabei "passiert" am Anfang eigentlich nichts. Es wird ein Toter im Polareis gefunden und sein Freund und Geschäftspartner wird zur gerichtlichen Feststellung der Todesursache vorgeladen. Vor diesem Hintergrund entwickelt das Buch eine Vielzahl von Aspekten, die alle ineinander greifen - die gescheiterte Ehe des Protagonisten, die Freundschaft der beiden Männer mit ihren Höhen und Tiefen, den Zwiespalt eines Mannes aus einfachen Verhältnissen, der um fast jeden Preis zu "denen da oben" gehören will, aber irgendwie doch nie ganz dazu gehört.
Und natürlich geht es um den Klimawandel, das Abschmelzen des Polareises und was die Auswirkungen auf die Natur, aber auch auf die Menschen sind.

All das ist spannend erzählt, so dass man das Gefühl bekommt, mit auf dem Hundeschlitten zu sitzen, oder im Zimmer mit den versnobbten Eliteuni-Studenten, oder im Gerichtssaal. Besonders gelungen finde ich dabei zwei Kniffe: Zwischen den Kapiteln sind Passagen aus Expeditionsberichten der ersten Polarforscher eingefügt. Und zunehmend stellt der Leser fest, dass die durchaus in einen Zusammenhang mit der Handlung des Romans gesetzt werden können. Dadurch wurde zumindest meine Fantasie angeregt, die Handlung weiter zu spinnen.
Das zweite ist, dass nirgends gesagt wird, in welchem Jahr der Roman eigentlich spielt. Vieles was passiert, ist vorstellbar, wenn die Erwärmung des Weltklimas weiter geht - aber zumindest noch nicht eingetreten. Soweit ich weiß. Oder doch? Diese Unsicherheit, wann die Handlung stattfindet, erzeugt eine spannende Atmosphäre, die den Leser geradezu auffordert, darüber nachzudenken, was schon an Umweltschäden unwiderruflich eingetreten ist.

Es ist ein rundum gelungenes, unbedingt lesenswertes, lehrreiches, tolles Buch!