Interessantes Thema, jedoch mühsamer Einstieg

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wortknaeuel Avatar

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In sehr naher Zukunft: der Nordpol ist eisfrei und schiffbar, Eisbären sind fast ausgestorben und in London toben Sandwehen aus der Sahara – die Erderwärmung lässt sich nicht mehr leugnen. Ein kalbender Gletscher in der Arktis gibt den Leichnam des Umweltaktivsten Tom frei, der vor vier Jahren dort verunglückte. Nun sollen seine Todesumstände gerichtlich festgestellt werden, wofür die damals beteiligten Personen zusammen kommen und sich erinnern ...

Der Roman handelt aus Sicht von Sean – ein alter Freund von Tom, der sich aber ganz anders als dieser aus ärmlichen Verhältnissen hochgearbeitet hat und zwar dessen Liebe und Faszination zur Arktis teilt, aber als guter Geschäftsmann auch nie die wirtschaftlichen Interessen aus den Augen verliert. Gut die erste Hälfte des Buches dreht sich hauptsächlich um Seans Erinnerungen an die Zeit, als er sich darum bemühte ein international hoch begehrtes Stück Land in der Arktis zu ergattern, das eine norwegische Familie mit Walfänger-Tradition zum Kauf anbot. Nur mit Hilfe von Toms berühmtem Image als Umweltschützer gelingt es ihm und den anderen Kapitalgebern und Geschäftspartnern, den Fjord mit dem Gletscher zu erwerben, der Tom kurz darauf zum Verhängnis wird.

Diese erste Hälfte des Romans wird schleppend langsam erzählt. Die Zeitsprünge zwischen Seans Gegenwart, in der er von Toms Leichenfund erfährt und nach langer Zeit wieder zum Fjord zurückkehrt, sowie seinen Erinnerungen an die Geschehnisse vor vier Jahren, die auch seine gescheiterte Ehe und unglückliche Beziehung zu seiner Tochter beinhalten, sind manchmal nicht klar auseinander zu halten. Es passiert außerdem wenig spannendes – wir erfahren eher politische und wirtschaftliche Hintergründe um den Kauf des arktischen Stück Landes, der sich eher zäh und (zumindest für mich) nur schwer verständlich liest. Sean wird außerdem nicht gerade sympathisch gezeichnet: ein älter werdender Schürzenjäger, der nach Wohlstand und Anerkennung giert.

Erst ab der zweiten Hälfte wird die Handlung fesselnd: während der Gerichtstermine werden nach und nach die einzelnen Begebenheiten rund um Toms Tod aufgedeckt und Sean ist gezwungen, längst verdrängte Erinnerungen auszugraben. Abgesehen von Seans kurzem Ausflug zum Fjord in der ersten Hälfte des Buches, wird erst hier die Arktis spürbar. Die Autorin hat vielleicht auch deswegen zwischen die kurzen Kapitel Einschübe von historischen Expeditions-Berichten verschiedener Quellen vorgesehen, die zwar interessant sind, aber wenig Zusammenhang zur eigentlichen Handlung erkennen lassen.

Das Thema Erderwärmung zieht sich in der Beschreibung der klimatischen Veränderungen zu unserer jetzigen Gegenwart eher unterschwellig durch, bekommt zum Ende hin aber mehr Bedeutung. Falls man sich als Leser bis dahin durchkämpfen mag. Meine Erwartungen an arktische Abenteuer aufgrund des schönen Einbandes wurden jedoch enttäuscht.