Familiengeheimnisse

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theresia626 Avatar

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Iron House – „Heim für Jungen - Unterkunft und Erziehung seit 1895“ - gelegen im Schatten des Berges Iron Mountain und vier Meilen entfernt von der gleichnamigen Kleinstadt, wird für Michael und Julian die Hölle auf Erden. Hier verbringen beide „Zehn Jahre voller Schmerz und Angst und Not.“ S. 292

 Alles beginnt an einem kleinen, aber reißenden Bach. Beide Jungen werden als Babys ausgesetzt und wären fast gestorben, hätten nicht zufällig Jäger die kleinen Bündel gefunden und in ein Waisenhaus gebracht. Iron House, das früher eine Irrenanstalt für geisteskranke Kriminelle war, wird für beide zur Hölle. Julian wird zum Fußabtreter gewaltbereiter raubtierhafter Jugendlicher und könnte ohne die schützende Hand seines Bruders nicht überleben. Nach schwersten körperlichen Mißhandlungen wird Julian fast wahnsinnig und begeht eine schwere Straftat in der Toilette von Iron House. Michael nimmt Julians Schuld auf sich und flieht. Genau an diesem tragischen Tag will Abigail Vane die Geschwister adoptieren, doch sie kann nur Julian ein liebevolles Zuhause geben. Retten kann sie ihn jedoch auch nicht, er wird von seinen Dämonen heimgesucht. Beide Brüder werden über Jahrzehnte keinen Kontakt mehr haben, trotzdem bleiben sie im Herzen miteinander verbunden. Gegensätzlicher könnte beider Leben nicht verlaufen.

Julian lebt fortan im Haus von Senator Vane, führt ein sehr wohlbehütetes Leben, wird später ein erfolgreicher Kinderbuchautor düsterer Romane und ein angesehener Maler. Michael, der muß sich auf der Straße durchboxen, ums Überleben kämpfen und wird der Vollstrecker des überaus einflußreichen Otto Kaitlin. Michael „… war ein Kämpfer und ein Killer, ein Fürst der Straße, der allseits so sehr gefürchtet wurde, dass er kaum noch zu töten brauchte. Seine bloße Anwesenheit genügte. Sein Name. Die Drohung mit seinem Namen.“ S. 2

 Nach über zwei Jahrzehnten begegnet Michael der wunderschönen Spanierin Elena, verliebt sich unsterblich in sie und möchte mir ihr eine Familie gründen, die er nie haben konnte. Doch es kommt alles ganz anders. Nach dem Tod von Kaitlin will Stevan, dessen einziger Sohn, ein von Neid, Mißgunst und Gier getriebener Verbrecher, Michaels und Julians Leben zerstören. Die Organisation verläßt man nicht ungestraft und er will auch Rache für den Mord an seinem Vater. Eine Hetzjagd beginnt und dabei spielt Hemingways Novelle „Der alte Mann und das Meer“ eine ganz entscheidende Rolle. Michael kehrt nach fünfundzwanzig Jahren an den grausamsten Ort seines Lebens zurück, Iron House.

 John Hart fasziniert, wie es selten ein Schriftsteller schafft. Er fesselt den Leser von Beginn an, beschert ihm eine schlüssige, interessante, an einigen Stellen doch schon sehr brutale, aber alles in allem sehr gute Thrillerlektüre. Der Hauptdarsteller Michael ist nicht nur ein Bösewicht, sondern auch eine Figur mit Tiefgang und auch Julian und Abigail sind interessant gezeichnet. Abigail, die von Beginn an etwas mysteriös erscheint und ihre Beweggründe der Adoption nicht so ganz klar sind, hinterläßt von Beginn an den Eindruck, daß sie etwas im Schilde führt. „Ich wollte euch Jungs haben, und ich habe mich vorbereitet. Geld. Kenntnisse.“ S. 278 Spannung pur, interessante, gut konstruierte Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit einem gut ausgeschriebenen finalen Ende. Der Autor greift in die tiefe Kiste seiner Erzählkunst, bringt unvorsehbare Wendungen ein und bearbeitet auch interessant seine Nebenschauplätze.

 „Das eiserne Haus“ ist eine komplexe und realistische Familiengeschichte, geschrieben in schöner Prosa. Es geht um grenzenlose Geschwisterliebe, Schizophrenie, Macht, Geld, schmutzige Politik und kaltblütige Rache. Absolut empfehlenswert.