Ein Buch wie Feuer und Wasser: Abstoßend und faszinierend

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thirteentwoseven Avatar

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Dieser Roman über den herzkranken, fragilen ChaCha und seine vielen Leben bietet einen fulminanten Einstieg, spannend wie eine James Bond-Intro und einen ebenso rasanten, herzschlagverdächtigen Showdown. Einfach super, kreativ genial, unheimlich packend und berührend.

Dazwischen gibt es aber viel zu viele Seiten, jede Menge Absurditäten und auch wirklich bis zum unerträglichen Maß gesteigerte Perversitäten.
Im Mittelteil wurde mein Durchhaltevermögen doch auf eine sehr harte Probe gestellt. über 700 Seiten. Wo war da der Lektor? Er hätte sich an der Bearbeitung des " Geliehenen Affens" ein Beispiel nehmen sollen.

Doch worum geht es eigentlich genau? Der herzkranke, schwächliche Charlie Berg muss erleben, wie sein Großvater von einem Wilderer erschossen wird. Dabei wächst er über sich hinaus und zeigt sich als so gar nicht schwächlich. Das ist der Beginn. Im weiteren Verlauf lernen wir Charlies skurill-liebenswerte Familie und sein ebenso skurilles, aber weniger bis teils gar nicht liebenswertes Umfeld kennen. Als Kind zweier abgedrehter Künstler verfügt Charlie über mehrere Inselbegabungen. Er hat die Nase eines Parfümeurs und die Schreibe eines wahren Dichters und ist sogar Verfasser der preisverdächtigen Geschichte "Der geliehene Affe", die für einen Wettbewerb bravourös redigiert wird (siehe oben). Charlie, oder auch ChaCha, trägt in seinem zarten Jungmannalter Maßanzüge und hat einen Hang zur Zahlen-und Ordnungspedanterie. Mit Hilfe seiner einmaligen Begabungen kommt er dem Rätsel des erschossenen Großvaters auf die Spur und noch viel mehr. Seine große Liebe ist die Mexikanerin Mayra, die wiederum den Drogendealer Ramon heiraten will und eine Art mexikanischen Kampfsport praktiziert. In Rückblicken erleben wir Charlies Jugend und Erwachsenwerden. Bis am Ende alles damit endet, wo es begann: dem Tod des Großvaters und Charlies letztem Leben.


Sebastian Stürz liefert eine fett abgedrehte Geschichte, sprühend vor Kreativität, unglaublichen Wortschöpfungen und genialen Nebenstorys. Super spannend an Anfang und Ende. Aber leider viel zu lang in der Mitte und mit viel zu vielen peinlich-perversen ERGÜSSEN pubertärer Männerphantasien. Das Buch ist eindeutig nichts für ein gesetztes, konservativeres Lesepublikum und zarte Kinderseelen. Wer aber ein Auge zudrücken kann und mit Humor über die Längen gleitet, hat ein einmaliges Lesevergnügen. Mit besagten Abstrichen hat mir die Geschichte gefallen.