Die Institution Ehe beseitigen - wirklich?

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nickis_bücherliebe Avatar

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Das Ende der Ehe - eine klare Forderung der Autorin mit nachvollziehbarer, aber nicht komplett überzeugender Argumentation.
Die Autorin wirbt für ein Ende der Institution Ehe und begründet, dass Liebe und Familie auch ohne Ehe existieren können, dass die Ehe auf patriarchalen Strukturen basiere, dass die Ehe von staatlicher Seite politisch und finanziell bevorzugt wird - und aus diesen Gründen nicht beibehalten werden sollte.
Diese Gründe verstehe ich und dennoch überzeugen sie mich nicht. Im Gegenteil, als glücklich verheiratete Frau in einem teils heterosexuellen, teils queeren Umfeld weiß ich um die große Freude homosexueller Freunde endlich geheiratet zu haben - sie sehen die Ehe als Erfüllung, nicht als abschaffungsnötigen Zwang. Ich sehe meine finanziell unabhängigen, beruflich erfolgreichen Freundinnen, die glücklich sind. Ich sehen die Kämpfe dieser Freundinnen mit ihren Männern, sobald Kinder da sind bezüglich der Aufgabenverteilung im Haus und der Kindererziehung spätestens mit Ende der Elternzeit - aber diese Kämpfe finden in verheirateten wie unverheirateten Beziehungen statt und sind tatsächlich ein Problem des Patriarchats, nicht aber der Ehe.
Ich bin Akademikerin, lese viel und gerne und dennoch finde ich die Sprache des Buches stellenweise hölzern und übertrieben schwer gehalten, was auch den Lesefluss deutlich erschwert und in meinen Augen die Zielgruppe dieses Buches zu sehr einschränkt: Wenn ich für das Ende einer Institution kämpfen und werben möchte, muss ich doch ,,alle“ mitnehmen und nicht nur die gebildeten Schichten. Oder sehe ich das falsch?

Inspirierend fand ich allerdings die Ausführungen zu patriarchalischen Erzählungen in Filmen, Romanen, Geschichten… die unsere Vorstellung von Liebe prägen sowie die unterschiedliche Interpretation ihrer Bedeutung, abhängig davon ob man als Mann oder Frau sozialisiert wurde. Die Identifikation von Mädchen und Frauen in Liebesbeziehungen, als Ehefrauen und Mütter im Gegensatz zu weit weniger ausgeprägten Identifikation von Männern als Ehemänner und Väter.

Die Autorin hat mir mit ihrem Buch interessante Gedanken mitgegeben, die zum Nachdenken, Diskutieren und Stellungbeziehen einladen. Ich teile ihre Meinung zur Abschaffung der Ehe nicht in allen Punkte und nehme dennoch viel aus der Lektüre mit.