Drachenblut

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Von Anthony Ryan habe ich bereits die Rabenschatten-Trilogie gelesen. Es ist bemerkenswert, dass er sich im Gegensatz zu anderen Autoren hier in keiner Weise selbst plagiiert. Vielmehr schafft er ein neues, überzeugendes und detaillreiches Universum. Grobe Karten der Kontinente, auf denen sich die Geschichte zuträgt, finden sich auf den Innenseiten des Einbandes. Es ist wichtig zu wissen, dass es sich hier um keinen reinen Fantasyroman handelt, sondern er weist zahlreiche Steampunk-Elemente auf.

Als Drachenfan hat mich die originelle Grundidee in ihren Bann gezogen. Das Blut der zahlreichen Drachen hat besondere Macht. Entweder es verbrennt, oder es verleiht wenigen Blutgesegnete außerordentliche Kräfte. Je nach Farbe des Drachen sind diese Kräfte unterschiedlicher physischer oder mentaler Art. Die Drachen werden von den Menschen gehalten wie Vieh und degenerieren immer mehr. Abhilfe erhofft man sich von einer Legende, an die nur wenige Glauben: dem geheimnisvollen weißen Drachen.

Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt: der des ehemaligen Diebs und Blutgesegneten Clay, der ebenfalls blutgesegneten Lizanne, die für das Handelssyndikat arbeitet, das vom Drachenblut lebt und von Hilmore, einem Leutnant, der auf einem der Syndikatsschiffe Dienst verrichtet.

Clay begibt sich mit einigen Gefährten auf eine gefährliche Dschungelexpedition, auf der Suche nach dem weißen Drachen. Mittels Drachenblut kann er in einer Trance über die Entfernung hinweg mit Lizanne Kontakt aufnehmen. Dies war für mich der interessanteste Handlungsstrang. Nicht nur Drachen bedrohen die Suchenden, sondern auch sogenannte Verderbte, bei denen es sich um mutierte Menschen handelt. Wie es zu dieser Mutation kommt, beweist erneut den Einfallsreichtum des Autors.

Er versteht es definitiv zu erzählen und hat mich sehr gut unterhalten. Dennoch hat er diesmal nicht 100prozentig meinen Geschmack getroffen. Ich hätte mir viel weniger Schlachten gewünscht, sondern mehr Charaktertiefe. Drachen und Menschen sterben zum Teil wie die Fliegen. Mich persönlich hat auch die Existenz von Gewehren, die andauernd zum Einsatz kommen, gestört. Zwar sind die Protagonisten durchaus scharf umrissen, konnten jedoch nicht genug Sympathiepunkte bei mir sammeln, dass ich ausgesprochen um sie gebangt hätte. Ich muss zugeben, dass ich so manchesmal den Drachen, die von den Menschen auf Grausamste ausgebeutet werden, die Daumen gedrückt habe. Am meisten Kontur gewinnt Claydon, jedoch hat sich ein ehemaliger Dieb als Protagonist doch schon ziemlich abgenutzt. Man findet das in Fantasyromanen zu oft und so ein Charakter wächst mir nicht gerade ans Herz, denn auch wenn die Diebstähle der Not geschuldet sind, finde ich es moralisch nicht sehr ansprechend.

Ebenso wie das Bild auf dem Buchumschlag würde die Handlung - abgesehen vom Steampunk - gut in einen Fantasyroman der achtziger oder neunziger Jahre passen. Wieder einmal geht es um nicht weniger als die Welt zu retten.

Trotzdem habe ich das Buch sehr gern gelesen und werde der Reihe weiter folgen. Ich hoffe, dass sich der Auutor dann mehr auf die Drachen und die Verderbten konzentriert, aus diesen Ideen kann man noch viel mehr machen. Sehr gern verzichte ich dafür auf weitere Seeschlachten.