Großartiger Auftakt der Draconis-Memoria-Reihe

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combatwombat Avatar

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Schwere Zeiten für den Arradsianischen Kontinent: die Drachen verhalten sich immer rätselhafter. Außerdem kündigt sich ein Konflikt mit dem Corvantinischen Kaiserreich an. Aus dem Blut der Drachen wird ein Elixier hergestellt, welches den wenigen Blutgesegneten übermenschliche Kräfte verleiht. Doch es geht langsam zur Neige…

Zwei dieser Blutgesegneten sind Lizanne Lethridge- eine junge Spionin mit der Mission, eine geheimnisvolle Apparatur zu beschaffen – sowie Claydon Torcreek, ein Dieb aus dem Blinden Viertel, welcher auf eine Expedition ins gefährliche Inland Arradsias geschickt wird. Hilemore hingegen ist kein Blutgesegneter, sondern Leutnant auf einem der modernsten Schiffe seiner Zeit. Alle drei stehen im Auftrag der Eisenboot-Gesellschaft: Arradsia hat sich von den Fesseln des Kaisertums befreit, um sich ganz der Herrschaft der Konzerne, allen voran Eisenboot, zu unterwerfen.

So ist jedes Kapitel im Roman aus der Sicht eines dieser drei Protagonisten geschildert, und natürlich bietet das jede Menge Spielraum für Cliffhanger. War der Spannungsaufbau so schon überzeugend, hat diese Dreiteilung das Ganze noch verstärkt, denn natürlich wollte ich unbedingt erfahren, wie es in den anderen Handlungssträngen weiterging.

Dabei ist alles sehr kunstvoll miteinander verwoben, frühere Passagen ergeben plötzlich noch mehr Sinn, viele Andeutungen werden später erneut aufgegriffen. Zunächst mag es ein wenig dauern, sich in die feinsinnig erdachte Welt mit ihrer Fülle an Details, ihren Bevölkerungsgruppen und Strukturen hineinzufinden, die ganzen Informationen und Handlungssprünge erfordern Konzentration, aber man wird für die Ausdauer belohnt. Außerdem handelt es sich um den Auftakt der „Draconis Memoria“-Trilogie, welche vor diesem Hintergrund umso vielversprechender wirkt.

Gelegentlich blitzen Steampunk-Elemente auf, teilweise bleibt der technische Stand Arradsias hinter unserer Welt zurück, dafür gibt es viele liebevoll erdachte mechanische Gerätschaften. Ein großer Teil der Handlung findet auf Schiffen statt, man sollte nautischen Themen also nicht abgeneigt sein und sich von ein paar Seefahrtsbegriffen nicht abschrecken lassen. Auch gibt es etliche Gefechte und Schlachten, wovon ich sonst kein allzu großer Fan bin, aber hier lasen sich auch diese Szenen recht gut. Freunde von Agenten- und Spionageromanen kommen in Ms. Lethridges Kapiteln auf ihre Kosten. Positiv fiel mir ebenfalls auf, dass kleinere Liebeleien authentisch und unaufdringlich am Rande stattfinden, ohne ins Kitschige abzudriften.
Überhaupt hat Ryan überzeugende facettenreiche Figuren geschaffen, die auf den 720 Seiten jede für sich eine beachtliche Entwicklung durchleben und nicht den gängigen Klischees entsprechen. Insbesondere die zahlreichen starken Frauenfiguren haben mich positiv überrascht.

Auch sprachlich haben mich Ryan und die Übersetzung in ihren Bann gezogen.

Ein stimmiger, spannender Roman; ich freue mich auf die Nachfolger!