Aus, aus, kleine Kerze

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
ismaela Avatar

Von

„Das Fenster zur Welt“ beginnt in den letzten Monaten des zweiten Weltkrieges, in denen sich die ältere Kunsthistorikerin Evelyn Skinner und der junge Soldat der Alliierten Ulysses Temper in Italien begegnen und für ein paar Stunden über Kunst und das Leben philosophieren. Danach verlieren sie sich zunächst aus den Augen, doch nachdem Ulysses seinen Lebensmittelpunkt von London nach Florenz verlegt, finden die beiden letztendlich wieder zueinander – auch wenn dies auch dann noch ein Weilchen dauert.
Die Autorin Sarah Winman umspannt in ihrer Geschichte einen Zeitraum von rund 30 Jahren, in dem sie teilweise reale Ereignisse mit in ihre Fiktion einwebt, wie zum Beispiel das große und schreckliche Hochwasser von Florenz in den 1960er Jahren oder politische Umwälzungen, die vor allem die Rechte der Frauen betrafen. Erzählt wird die Geschichte vor allem aus der Sicht von Ulysses, aber auch Evelyn bekommt ein paar Kapitel, bevor sich die beiden Stränge zum Schluss zusammenziehen.

„Das Fenster zur Welt“ ist ein unaufgeregtes Buch ohne nennenswerten Spannungsbogen, dessen Geschichte vor allem durch die einzelnen Charaktere getragen wird. Dazu bedient sich die Autorin einer sehr melodischen, blumigen Sprache, in die man sich erst einmal hineinlesen muss, aber für mich persönlich war es eine Wohltat, zur Abwechslung einmal eine Geschichte zu lesen, in der trotz Rückschläge und negativer Ereignisse vor allem die guten Dinge überwiegen, in der alles fast immer problemlos funktioniert, und in der Personen und Charaktere die Szenerien bevölkern, die aus allen Bereichen des Lebens kommen: alt und jung, reich und arm, gebildet und arbeiterklassisch, einiges an Queerness, ein bisschen Esoterik darf auch nicht fehlen, und ganz viel Herz.
An manchen Stellen schlingerte die Geschichte ein bisschen sehr knapp am Kitsch vorbei, und dass Evelyn erst relativ nah am Schluss ihren großen Auftritt bekam, fand ich schade, machte das Buch für mich aber nicht weniger lesenswert. Zum Schluss, als es dann altersbedingt doch für einige zu Ende geht, und der, ebenfalls, sehr alte Papagei Claude dies mit „Aus, aus, kleine Kerze“ kommentiert, muss man schon auch mal ein Tränchen wegdrücken.

Insgesamt ein Wohlfühlbuch, das muss auch einmal sein!