Poetischer Wohlfühlroman mit Hang zum Kitsch

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die_wortbewunderin Avatar

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Worum geht's?

Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von englischen Auswandererinnen und Auswandern fängt nach dem 2. Weltkrieg in Italien ein neues Leben an.

Wie hat es mir gefallen?

Der Anfang war sehr vielversprechend: Die wunderbare Landschaft, der Genuss und die ergreifende Schönheit von Kunst stehen im Vordergrund, die latente Bedrohung durch das Kriegsgeschehen im Hintergrund, dazu die Schlagfertigkeit und der feine Humor von Evelyn - großartig!

Doch die Komplexität geht im Laufe des Romans verloren, die Erzählung wird immer eindimensionaler und es wirkt alles immer mehr wie eine Filmkulisse, angefangen vom englischen Pub bis zur italienischen Idylle.

Evelyn blieb bis zum Schluss mein Lieblingscharakter, kommt aber im Großteil des Romans nicht vor. Alle anderen Figuren sind sehr reißbrettartig gestaltet, es fehlen die Widersprüche, die Ecken und Kanten. Besonders Ulysses: Er wird nie sauer auf Peg (obwohl er allen Grund dazu hätte), er fühlt sich nie verloren oder fremd in seiner neuen Heimat. Er liebt seine Stieftochter uneingeschränkt und es gibt keine ernsthafte Schwierigkeiten zwischen den beiden. Auch als seine ganze Arbeitsgrundlage bei einem Hochwasser zerstört wird, bleibt er seltsam gelassen. Die Figur war für mich bis zum Ende nicht greifbar, irgendwie unecht.

Alle Einwanderer werden in Italien mit offenen Armen aufgenommen und von allen gemocht, kulturelle Missverständnisse kommen nicht vor. Florenz wird aus einem sehr touristischen Blickwinkel gezeichnet, eine oberflächliche Fassade, über das "echte" Italien erfahren wir wenig.

Alles gelingt, alle haben sich lieb und sogar der Tod wird poetisch in Szene gesetzt. Ein sprechender Baum und ein allwissender Papagei setzen dem Ganzen die Krone auf. Das war mir alles einfach viel zu kitschig.

Sprachlich kann das Original sicher punkten und es war bestimmt kein einfacher Job, den 500-Seiten-Roman ins Deutsche zu übertragen. Leider ist die Übersetzung aber an vielen Stellen so schlecht, dass man nur den Kopf schütteln kann ("eingedoste Sardinen", "ein ganzes Meer an Freundschaften" etc.).

Ich habe mich zwischendurch beim Lesen sehr gelangweilt und viele Seiten, auf denen es nur um kunsthistorische Unterhaltungen ging, überflogen.

Fazit: Ein poetisches "Wohlfühlbuch" mit weltgeschichtlichen und kunsthistorischen Bezügen, das in einer italienischen (und kurzzeitig auch einer englischen) Filmkulisse spielt. War leider nichts für mich.