Eco-Thriller als eigenständige Unterart der Spannungsliteratur

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kleine hexe Avatar

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Die dem Buch zugrunde liegende Idee ist hoch interessant und brisant. Dank der Klimaerwärmung schmilzt die Eisdecke auf der Antarktis und die Vulkane im Untergrund erwachen. Es folgen starke Erdbeben und Vulkanausbrüche auf der ganzen Welt, man ist nirgends mehr seines Lebens sicher. Kein Atombunker, kein Fleckchen Erde weit weg von der Küste vermag noch den Menschen Sicherheit zu bieten. Das ist die Grundidee, faszinierend und leider mit viel mehr Wahrheitsgehalt darin, als uns lieb sein kann. Manche der Charaktere sind auch sehr gut getroffen, sympathisch und wie mit dem eichpinsel gemalt. Dr. Georgina Finley und ihre Assistentinnen sind solche Gestalten. Man mag sie von Anfang an, wie sie sich für die gute Sache einsetzen, vor nichts zurück schrecken um die Menschen vor der drohenden Katastrophe zu warnen. Selbstlos riskieren sie das eigene Leben um das anderer zu retten. Dann aber wiederum sind da andere Charaktere, die dermaßen nur in schwarz-weiß dargestellt werden, die rücksichtslos, brutal, gnadenlos agieren, dass es fast zu viel des Bösen in einen einzigen Menschen ist, sei es der Industriemagnat Jayden Turkow oder ranghohe Politiker im Weißen Haus oder sogar Georginas bigotter Bruder. Diese Gestalten sind zu nah an Hollywood-Schurken, seien es die Feinde Batmans oder Spidermans. Im realen Leben trugen die größten Schurken noch menschliche Züge, wie uns die Geschichte der Diktatoren lehrt.
Das Ende des Buches ist utopisch. OK, auch ein einlenken der Industrie und der Politik hätten in dem Moment als die Erdbeben und Vulkanexplosionen so kurz bevor standen, nichts mehr gebracht. Aber Leo Aldan wollte so hollywoodmäßig eine mögliche Rettung der Menschheit uns vor Augen führen. Ein reicher Mann baut eine Rakete, sammelt weibliche Tiere und gefrorenes Sperma, ein paar sehr handverlesene Menschen und Nahrung für Mensch und Tier und hebt ab ins Weltall. Auf einer Erdumlaufbahn wird er die Erde im Blick behalten und wenn sich alles beruhigt hat, wieder zur Erde herabkommen und die Kolonisierung erneut beginnen. Geht hin und mehret Euch… Nee, was in biblischen Zeiten weil in Legendenzeit möglich schien, geht heute nicht. Sind wohl auch genug Insekten an Bord um der Pflanzenwelt danach auf die Sprünge zu helfen? Ziege, Schaf und Kuh ok, aber Elefant, Giraffe, Nashorn? Oder Spinne, Python, Alligator? Und Insekten? Sind die auch an Bord? Hirse, Hafer, Weizen, Klee und Hopfen ok, was ist aber mit Eiche, Gummibaum, Quecke oder Löwenzahn? Wie viel Platz ist auf einer interstellaren Arche? Was wenn nach der Beruhigung der tektonischen Bewegungen und der Vulkanausbrüche sich die Sauerstoffkonzentration auf der Erde dermaßen verändert hat, dass sogar Küchenschaben nicht atmen können? Ja, an Bord sind sympathische Menschen, aber was ist mit meinen Enkeln und Urenkeln? Glaubt mir bitte, die sind mir auch sympathisch, sehr sogar.
Das Buch liest sich spannend und in einem Rutsch durch, aber nachher, beim Reflektieren über das Buch kommen die o.g. Fragen auf. Und die viel zu starke Nähe an Hollywood ist ein Störfaktor für mich. Aber die Idee ist grandios, die verdient es noch mehr ausgebaut zu werden.