Herrlich magisch

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letterrausch Avatar

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Es war mal wieder Zeit: Zeit für ein bisschen magischen Realismus in meinem Leben. Da kam mir Sofía Segovias Roman “Das Flüstern der Bienen” gerade recht, der am Anfang des 20. Jahrhunderts in Mexikos spielt. Schauplatz ist der kleine Ort Linares, in dem die alte Amme ein ausgesetztes und von Bienen umschwärmtes Baby findet. Dieser kleine Junge bringt die Handlungs also ins Rollen. Die Großgrundbesitzerfamilie Morales nimmt den Jungen auf, der eine Gaumenspalte hat und nie verständlich sprechen wird. Doch mit den Bienen, die ihm auf Schritt und Tritt folgen, kann er wunderbar kommunizieren. Sie erzählen ihm, ob es regnen wird, was sich hinter der nächsten Wegkreuzung befindet und ob die ganze Familie sich lieber auf den abgelegenen Landsitz zurückziehen sollte, weil die Spanische Grippe im Anmarsch ist. Warum das alles so ist, wird nicht erklärt - dann wäre es ja auch kein magischer Realismus mehr.
Ich habe die Geschichten um die Familie Morales sehr gern gelesen, bin den liebevoll gezeichneten Figuren gern gefolgt. Gerade der Schluss, in dem dann ein zyklisches Weltbild aufgemacht wird und die Charaktere ganz im Mythos aufgehen, hat mir gut gefallen. Einzig der Konflikt zwischen dem Landbesitzer und dem landlosen Bauern hat mich nicht überzeugt. Den ja durchaus verständlichen Wunsch des landlosen Mannes dadurch zu konterkarieren, dass er ein fauler Trinker ist, während Morales, der Großbauer, es sich leisten kann, gönnerhaft und einfach nett zu sein. Das war mir zu simpel.
Trotzdem ist “Das Flüstern der Bienen” ein wunderbares Stück Literatur. Gern mehr von der Autorin!