Naturverbundenheit & eine märchenhafte Note, aber auch Drama & etw. Spannung

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lia48 Avatar

Von

INHALT:
Nana Reja, die jahrelang Amme unzähliger Kinder von Gutsbesitzern und deren Angestellten gewesen war, verbringt seit vielen Jahren die meiste Zeit in ihrem Schaukelstuhl unter dem Vordach und starrt vor sich hin. „Sie war Teil der Landschaft geworden.“ „In ihrem langen Leben hatten ihre Augen zu viel gesehen und ihre Ohren zu viel gehört, ihr Mund hatte zu viel geredet, und zu vieles hatte ihre Haut berührt und ihr Herz zerrissen.“
Doch eines Tages folgt sie einer Eingebung und landet weit entfernt von ihrem Zuhause bei der Gutsfamilie Morales, unter einer Brücke. Sie traut ihren Augen kaum, als sie dort unter einem Teppich aus Bienen, ein Baby findet. Für sie ist Simonopio, wie sie den kleinen Jungen nennt, ein Wunder und sie nimmt ihn mit zu sich.
Andere Dorfbewohner halten das Kind mit der auffälligen Fehlbildung im Gesicht, für Böse und sind überzeugt, es käme vom Teufel. Der Arzt gibt dem Simonopio nur eine geringe Überlebenschance.
Doch der kämpft und entpuppt sich trotz seiner Stummheit, als ein sehr lebhaftes Kind mit einer ganz besonderen Gabe. Mitten während der mexikanischen Revolution und der spanischen Grippe, kann er von dieser Gebrauch machen und bewahrt damit die Familie vor größerem Unheil.
Doch die Gefahr ist noch nicht gebannt, denn der Kojote treibt sein Unwesen…

MEINUNG:
Ich muss zugeben, der Klappentext hatte mich äußerst neugierig gemacht. Ich wollte wissen, was es mit dem Baby unter den Bienen auf sich hat!

Die ältere Nana Reja hat es mir direkt angetan, wie liebevoll sie sich um Kinder kümmert und dass sie auch den kleinen Simonopio nicht so schnell aufgibt. Aufgrund seiner Fehlbildung (die man heute wohl Lippen- und Gaumenspalte nennen würde) kann er als Säugling kaum schlucken und hat keine guten Überlebenschancen. Doch die ehemalige Amme sorgt sich aufopferungsvoll um ihn und Simonopio wächst nach und nach zu einem ganz besonderen Jungen heran. Er ist so sehr mit der Natur verbunden, in der er u. a. Schutz und Verständnis findet, was mir richtig gut gefallen hat.
Mit seiner „Gabe“ hat sich schließlich eine märchenhafte Note in die Geschichte eingeschlichen, auch das hat sie für mich besonders wirken lassen.
Manchmal habe ich Schwierigkeiten mit Kinderperspektiven, doch hier empfand ich sie als altersentsprechend und habe die Sichtweisen des Jungen und auch die der Nana Reja besonders gerne verfolgt.
Bei anderen Erzählsträngen habe ich mich manchmal etwas schwer getan, direkt zu erkennen, welche Person zu welcher Zeit erzählt. Manches wird erst später ersichtlich. Da hätte ich mir manchmal mehr Klarheit gewünscht. Wobei das natürlich Geschmackssache ist.

Der Schreibstil an sich hat mir recht gut gefallen. Die manchmal etwas altertümliche Sprache hat für mich gut gepasst.
Allerdings sollte man ausschweifenden Beschreibungen (auch über Vorfahren usw.) mögen. Mir ist das manchmal etwas zu sehr ausgeufert. Im Gegenzug passte dies jedoch wiederum gut zum Inhalt. Zusammen mit den vielen schönen Naturbeschreibungen (die übrigens wunderbar in den Frühling passen!) und dem eher langsamen Erzähltempo, wirkt dies zunächst angenehm entschleunigend.
Doch man sollte sich davon und auch vom etwas „süßlich“ erscheinenden Cover nicht täuschen lassen. In der Geschichte steckt auch viel Drama und etwas Spannung, was mir gut gefallen hat und insgesamt eine schöne Mischung ergibt.

FAZIT: Ein schönes Buch, das gut in den Frühling passt, tolle Naturbeschreibungen besitzt, zunächst entschleunigend wirkt, später aber auch Drama und Spannung beinhaltet. Wer ein langsames Erzähltempo und ausführliche Schilderungen schätzt und Geschichten mit einer etwas märchenhaften Note gerne mag, der sollte sich das Buch unbedingt mal anschauen! 4-4,5/5 Sterne!