Frostige Familie

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clematis Avatar

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Mona reist in die Marsch, da ihr Opa Karl seinen 80. Geburtstag feiert, aber, anders als sonst, steht nicht Oma Annemie in der Tür. Diese scheint spurlos verschwunden, dennoch misst Karl dieser Tatsache kaum Bedeutung bei. Die gesamte Familie bereitet die geplante Feier vor, so als wäre nichts geschehen. Lediglich Mona begibt sich auf die Suche und dabei viele Jahre zurück.

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln – bei Mona in der Ich-Form, bei anderen Personen aus neutraler Erzählersicht – wird diese bedrückende Geschichte erzählt. Zudem gibt es Handlungsstränge in unterschiedlichen Zeitebenen, die besonders am Anfang verwirrend sind, denn die Zusammenhänge sind hier noch unklar. Speziell Freyas Bericht lässt sich sehr lange nicht in die Abfolge der Geschehnisse einordnen und lässt mich über viele Kapitel hin unschlüssig zurück. So findet der Leser einzelne Fragmente einer verstörenden Familiengeschichte vor, die sich nur langsam zu einem Gesamtbild zusammenfügen lassen. Dies und die große Zahl an Figuren sind wohl der Grund dafür, dass man kaum einer Person richtig nahe kommt, so als würde der Roman selbst die frostige Familie und ihre mangelnde Eintracht widerspiegeln. Erst spät kommt die Wende und berührende Szenen lassen den Funken überspringen. Das fulminante Ende kann leider über den eher schwierigen Anfang nicht ganz hinwegtäuschen.

Vielerlei Gedanken zum Thema Frau flicht Katja Keweritsch in diesen Roman ein, spannt den Bogen von rechtlosen minderjährigen Müttern in den 1960er-Jahren über die Abhängigkeit vom Ehemann bis hin zur immer noch selbstverständlichen Doppelbelastung von berufstätigen Müttern in der heutigen Zeit. Auch den Einfluss früherer Generationen auf ihre Nachkommen arbeitet die Autorin geschickt heraus.

Ein ruhiger Roman wie die Marsch, in der er angesiedelt ist, der viel Hintergründiges transportiert. Die Emotionen sind anfangs kühl, ja frostig und brauchen ihre Zeit, um sich zu entfalten. Zum Nachdenken scheint das Marschland wohl bestens geeignet zu sein.