Macht, Geheimnisse und falsche Fährten

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ceodaz Avatar

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Im Jahr 2225 hat sich die Menschheit tief ins Sonnensystem ausgebreitet. Auf der Raumstation Ceres herrschen Konzerne, Korruption und Ausbeutung. Als auf Ganymed ein Minenarbeiter unter rätselhaften Umständen stirbt, gerät der heruntergekommene Ermittler Alan Bishop in einen Fall, der weit größer ist als erwartet. Gerüchte über eine fremdartige Entdeckung machen die Runde – und plötzlich steht nicht nur Bishops Leben, sondern das Machtgefüge des gesamten Sonnensystems auf dem Spiel.

Das Ganymed-Fragment hat mich vor allem durch seinen klaren, atmosphärischen und sehr fesselnden Schreibstil überzeugt. David Reimer gelingt es, eine dichte Stimmung aufzubauen, die einen sofort in diese düstere Zukunft hineinzieht. Die Welt wirkt durchdacht und glaubwürdig, ohne mit technischen Details zu überladen.

Besonders gefallen hat mir das dystopische Sci-Fi-Setting. Megakonzerne bestimmen das Leben, Gesellschaftsschichten sind klar voneinander getrennt, und Hoffnung scheint vielerorts nur noch eine Illusion zu sein. Diese trostlose, industrielle Zukunft passt hervorragend zur Geschichte und verstärkt die bedrückende Grundstimmung.

Ein echtes Highlight ist für mich die Hauptfigur Alan Bishop. Nach außen wirkt er angepasst, beinahe gleichgültig, doch innerlich ist er von Zweifeln, Loyalitätskonflikten und moralischen Fragen geprägt. Seine Entwicklung im Laufe der Handlung empfand ich als sehr authentisch und nachvollziehbar. Dadurch gewinnt die Geschichte spürbar an Tiefe und emotionalem Gewicht.

Die Handlung selbst ist spannend aufgebaut. Immer wieder wird man auf falsche Fährten geführt, und je weiter Alan gräbt, desto unsicherer wird man, wem man überhaupt noch trauen kann. Diese Irrwege und Enthüllungen haben die Spannung kontinuierlich gesteigert.
Die Auflösung am Ende ist für mich schlüssig und rund und macht deutlich, dass es sich um einen soliden Auftakt einer größeren Geschichte handelt.

Der sogenannte „Alien-Faktor“ bzw. das Übernatürliche wird in diesem Band allerdings nur angerissen. Wer hier bereits sehr konkrete oder intensive außerirdische Elemente erwartet, könnte enttäuscht sein. Mich hat das jedoch nicht gestört, da es neugierig auf den zweiten Teil macht und bewusst Raum für Weiterentwicklung lässt.

Fazit:
Das Ganymed-Fragment ist eine gelungene Mischung aus Science-Fiction und Krimi. Es ist eine Geschichte, die nicht nur spannend unterhält, sondern auch zum Nachdenken über Macht, Intrigen, Verlogenheit und geheime Forschungen anregt. Mit seinem starken Setting, einem überzeugenden Protagonisten und einer durchgehend hohen Spannung ist der Thriller ein sehr empfehlenswerter Auftakt für alle, die düstere Sci-Fi mit Tiefgang mögen.