Leise Tiefe

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lily2311 Avatar

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Das Gefühl von Unendlichkeit hat mich mit seinem poetischen Titel und dem ruhigen Erzählton sofort neugierig gemacht. Die Geschichte nimmt sich Zeit, entwickelt sich in leisen Tönen und setzt weniger auf große Dramen als auf innere Prozesse. Genau das mochte ich – zumindest anfangs. Die Sprache ist gefühlvoll, oft fast schon melancholisch, und schafft eine nachdenkliche Stimmung, in der man sich gut verlieren kann.

Die Figuren wirken authentisch, wenn auch stellenweise etwas distanziert. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht ganz nah an sie herankomme – was wahrscheinlich beabsichtigt ist, aber mir gelegentlich das Mitfühlen etwas schwer gemacht hat. Trotzdem sind ihre Gedanken und Entscheidungen nachvollziehbar, besonders, wenn es um die Themen Identität, Verlust und Neuanfang geht.

Was für mich nicht ganz rund war: Manche Passagen zogen sich etwas, gerade im Mittelteil. Es gab Momente, in denen ich gedanklich abgeschweift bin, obwohl ich eigentlich dranbleiben wollte. Auch inhaltlich blieb mir einiges zu vage – ich hätte mir an ein paar Stellen mehr Tiefe oder Klarheit gewünscht.

Trotzdem: Der Roman hat schöne Momente und starke Bilder. Besonders das Thema “Unendlichkeit im Kleinen”, also in Begegnungen, Erinnerungen oder Blicken, fand ich sehr gelungen. Für Leser:innen, die ruhige, nachdenkliche Bücher mögen und sich gern zwischen den Zeilen verlieren, ist Das Gefühl von Unendlichkeit auf jeden Fall einen Blick wert – auch wenn es nicht ganz in mir nachgeklungen hat, wie ich es mir erhofft hatte.