Locker-flockiges, leicht verständliches Einführungswerk!

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~ „Das geheime Leben der Seele“ ist ein in lockerem Schreibstil verfasstes, schnell lesbares Sachbuch, das mit großer Verständlichkeit, anschaulichen Erklärungen und einer Prise Humor (vor allem im ersten Viertel) begeistert und das für Menschen, die sich zum ersten Mal mit diesem Gebiet wissenschaftlich beschäftigen, perfekt geeignet ist. Die Themenwahl und Struktur des Buches sind zudem gut gewählt und bieten einen guten Überblick. Menschen, die Vorwissen in diesem Bereich vorweisen können, werden aufgrund der häufig oberflächlichen Informationen (man lernt hier eben die „Basics“) jedoch nur wenig Neues dazulernen und sollten daher entweder das Buch als Auffrischung des Wissens ansehen oder aber zu einem Werk greifen, das mehr in die Tiefe geht. ~

Inhalt

Die Seele – ein Teil von uns, um den sich viele Mythen ranken. Doch was ist die Seele überhaupt? Wo in uns hat sie ihren Sitz? Wie sehr beeinflusst sie unseren Alltag und unser Leben? Kann die Seele krank werden? Und was haben Kindheitstraumata mit all dem zu tun? All diesen Fragen geht die Autorin, eine bekannte Verhaltenstherapeutin, in diesem Buch auf den Grund…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband, Sachbuch
Tiere im Buch: Da es durch Tierversuche in der Vergangenheit manche interessanten Erkenntnisse gab, werden diese natürlich auch erwähnt. Leider ist das Leben als Versuchstier (meist) dominiert von Schmerz und Leid. Heutzutage gibt es genug Alternativen, Tierversuche sind somit (auch wegen der geringen Übertragbarkeit auf den Menschen) nicht mehr zu rechtfertigen. Deshalb an alle, die sich über (grundsätzlich absolut unnötige) Tierversuche informieren wollen und gegen Tierleid sind: Besucht doch einmal die Website oder Facebook-Seite von „Ärzte gegen Tierversuche“ – das ist ein Verein, der von (Tier-)Ärzten, Wissenschaftlern und Biologen gegründet wurde und der tierversuchsfreie Forschung fördert und schon einiges erreicht hat. Wenn ihr etwas an dieser Welt ändern wollt: Fangt an dieser Stelle an, informiert euch, unterstützt den Verein und zeigt, dass ein solcher Umgang mit Tieren von der Bevölkerung nicht hingenommen wird. Danke!

Warum dieses Buch?

Klappentext und Titel machten mich sofort neugierig und versprachen viele neue Erkenntnisse, sodass sich mir sofort ein Gedanke aufdrängte: „Es ist wieder einmal genau der richtige Zeitpunkt für ein Sachbuch!“ Und so war es dann auch.

Meine Meinung

Für Anfänger bestens geeignet - Inhalt & Verständlichkeit (+)

Auch die geneigte Belletristik-Freizeitleserin, die in ihrer privaten Zeit hauptsächlich zur Entspannung liest, findet manchmal ein Sachbuch, das sie so brennend interessiert, dass sie eine Ausnahme macht. Für mich war das „Das geheime Leben der Seele“. Das Versprechen, dass dieses mystifizierte, geheimnisumwobene Organ im Buch wissenschaftlich erklärt würde – das klang natürlich verlockend! Die behandelten Themengebiete sind gut gewählt, um einen Überblick über das Thema Psyche und Seele zu bekommen. Die Autorin hat das Buch hierbei sehr sinnvoll strukturiert: Zuerst bietet sie eine Einführung und legt ihre persönlichen Gründe für das Interesse an diesem Gebiet dar, dann geht sie auf den Sitz und die Eigenschaften der Seele ein, auf ihre Grundbedürfnisse, ihre Bewältigungsstrategien, auf Botenstoffe und den großen Einfluss der Kindheit. Erst dann werden wir über Persönlichkeitsstörungen, Krankheiten und Psychosomatik informiert. Besonders erstaunlich waren für mich hierbei der unglaublich enge Zusammenhang zwischen Seele und Körper und der hohe Grad, in dem sie sich gegenseitig beeinflussen.

Wer allerdings schon einiges an grundlegendem Vorwissen mitbringt, dem werden viele der kurzen, teilweise recht oberflächlichen Kapitel keine bahnbrechenden, neuen Erkenntnisse bringen – so war das auch bei mir. Jedoch weiß die Autorin durchaus mit hin und wieder eingestreuten unbekannten Erkenntnissen und Studien die Neugier wachzuhalten und zu überraschen! Für Anfänger, die sich mithilfe dieses Buches einen ersten Überblick über das Thema verschaffen wollen, ist „Das geheime Leben der Seele“ eine echte Perle. Die Autorin setzt kein Wissen voraus und ist sehr begabt darin, auch komplizierte Vorgänge einfach und leicht verständlich zu erklären. Dafür benutzt sie eine bildliche Sprache, Fallbeispiele (wobei ich die in einem Sachbuch nicht gebraucht hätte, ich selbst habe sie auch meist überflogen), Vergleiche und Metaphern. Das ist kein trockener Biologie-/Psychologie-Unterricht – nein, so macht eigenständiges Lernen Spaß!

Schreibstil (+)

Die angenehme Lektüre liegt aber auch am lockeren Schreibstil, der sich ausnehmend flüssig lesen lässt. Aus Zeitmangel habe ich das Buch in fast drei Tagen (genau) gelesen und mir wichtige Stellen markiert. Das Werk fühlt sich überhaupt nicht nach über 330 Seiten an, weil man so locker-flockig durch die Seiten hüpft. Besonders auffallend sind hier nicht nur die einfache Verständlichkeit, sondern auch der geniale Humor, der das Lesen besonders vergnüglich macht und das Belohnungssystem aktiviert. Leider war dieser Humor lediglich im ersten Viertel so stark vorhanden, später hat der Schreibstil diesen Aspekt und auch seine Lockerheit großteils verloren, weswegen die Lektüre über die psychischen Krankheiten und die Therapieansätze (zum Beispiel) nicht mehr so unterhaltsam war. Sie wurde zu einer eher nüchternen, sachlichen Aufzählung der Krankheitsbilder. Dieser Teil fühlte sich dann viel mehr nach einem klassischen Sachbuch an – manche werden das mögen, ich fand es etwas schade.

"Vor sehr, sehr langer Zeit, noch bevor es Wirbeltiere überhaupt gab, ist auf der Erde etwas ziemlich Schräges passiert. Eine Bakterie hatte Hunger und fraß eine andere kleinere Bakterie. Aber statt sich verdauen zu lassen, lebte diese einfach vollständig in der anderen weiter. Eigentlich ging es ihr jetzt sogar besser als vorher, denn sie hatte es recht gemütlich in der großen Bakterie. Und die wiederum hatte es auch nicht schlecht, denn sie wurde jetzt vom Wasserstoff ernährt, den die kleinere produzierte. Ergänzen sich zwei Lebewesen, nennt man das Symbiose. Leben sie in einem so verrückten Untermieterverhältnis, nennt man das Endosymbiose." Seite 32f

Gendergerechte Sprache, unreflektierte Geschlechterstereotypen (+/-)

Dass aufs Gendern verzichtet wird, sehe ich kritisch, auch wenn ich die Beweggründe bis zu einem gewissen Punkt verstehe. Gefallen hat mir, dass sehr häufig auf geschlechtsneutrale Begriffe wie „Betroffene“ ausgewichen wurde. Gestört haben mich jedoch manche Klischees und Genderstereotypen, die wohl unreflektiert präsentiert wurden. In Bezug auf die Kindheit wurde zum Beispiel die Mutter stets in den Fokus gerückt, die tröstet und Bindung herstellt. Wie wichtig ist die Bindung zum Vater in der Kindheit? Darauf hätte wissenschaftlich näher eingegangen werden müssen, anstatt auch in diesem Buch Kindererziehung unreflektiert den Frauen zuzuweisen.

Mein Fazit

„Das geheime Leben der Seele“ ist ein in lockerem Schreibstil verfasstes, schnell lesbares Sachbuch, das mit großer Verständlichkeit, anschaulichen Erklärungen und einer Prise Humor (vor allem im ersten Viertel) begeistert und das für Menschen, die sich zum ersten Mal mit diesem Gebiet wissenschaftlich beschäftigen, perfekt geeignet ist. Die Themenwahl und Struktur des Buches sind zudem gut gewählt und bieten einen guten Überblick. Menschen, die Vorwissen in diesem Bereich vorweisen können, werden aufgrund der häufig oberflächlichen Informationen (man lernt hier eben die „Basics“) jedoch nur wenig Neues dazulernen und sollten daher entweder das Buch als Auffrischung des Wissens ansehen oder aber zu einem Werk greifen, das mehr in die Tiefe geht.

Bewertung

Inhalt: 4 Sterne
Verständlichkeit: 5 Sterne
Schreibstil: 4-5 Sterne
Gendergerechte Sprache / Geschlechterrollen: +/- leider teilweise Genderstereotypen, kein Gendern, teilweise Ausweichen auf geschlechtsneutrale Worte

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier Lilien!