Das Geheimnis der Schwestern

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mia-w Avatar

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Ziemlich untypisch für mich, habe ich mich innerhalb weniger Tage durch eine fast 500 Seiten starke Frauen-/Familienschmonzette gewühlt - und musste am Ende erstaunt feststellen, dass es sich durchaus gelohnt hat. Zugegeben: Das Buch platzt aus allen Nähten vor Plattitüden, holzschnittartigen Charakteren, an den Haaren herbeigezogenen Handlungswendungen und schwülstigen Liebes- (und leider auch Sex-) Beschreibungen, aber offenbar hat so eine Leseerfahrung ab und an auch eine reinigende Wirkung. Ich habe mich zumindest dabei ertappt, in den Zeiten zwischen der Lektüre an das Buch zu denken und einzelne Handlungsstränge in Gedanken weiterzuspinnen - womöglich fand hier in der Tat eine teilweise Identifizierung statt, und das ist ja schonmal mehr, als man von vielen anderen Büchern behaupten kann.

Ein Wort zum Inhalt:
Die Handlung beginnt in den späten 1970er-Jahren im mittleren Westen der USA und zieht sich bis fast in die Gegenwart. Drei Schwestern haben ihr Mutter früh verloren und wachsen mit dem gefühlskalten Vater auf der Familienranch auf, am Rand einer typischen amerikanischen Kleinstadt mit allem, was dazugehört: Dorffeste und Squaredance, Pferde und Rodeos, Klatsch und Tratsch, Engstirnigkeit und Rassismus. Auch wenn die drei ihre Schwestern-Beziehung über die zu Männern stellen, gerät die schwesterliche Solidarität natürlich mehr als einmal genau wegen Männern aus den Fugen - bis es erst zu einem kleinen und dann zu einem großen Zerwürfnis zwischen zwei Schwestern kommt. Über die Jahre schwelt der Konflikt, bis am Ende natürlich alles gut wird, wie in solchen Büchen üblich.

Wie hier vielleicht deutlich wird, ist dieses Genre überhaupt nicht meines und ein Teil von mir hat auch während der überwiegenden Zeit der Lektüre lautstark protestiert - sei es über die adjektivbeladene Schreibe, die naive Überhöhung und beständige Beschwörung der "echten Liebe" oder die unbeholfenen Versuche, anhand von Kleidung und Frisuren den Verlauf der Jahre darzustellen. Dennoch hat mich dieses Buch von der ersten (na gut: zehnten) bis zur letzten Seite gefesselt, da es sich als echter Pageturner erwiesen und einen Schwung Gefühle in mir berührt hat. Mein Bedarf für Romane dieser Art ist für das nächste Jahrzehnt gedeckt, die Lektüre hat sich dennoch als Gewinn herausgestellt. Ich gebe gerne vier Punkte und empfehle dieses Buch allen Menschen weiter, die mit Büchern dieser Art mehr anfangen können als ich.