Reinkarnation und Wiederholung des Familiengeheimnisses

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heike lohr Avatar

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Das Buch hat mich in seinen Bann gezogen, voller Geheimnisse und unerwarteter Konflikte springt die Erzählung kapitelweise zwischen Kontinenten und den Zeiten (damit auch zwischen den Generationen) hin und her. Grandios die Übergänge mit den passenden Stichworten von einem Kapitel zum nächsten. Helena Saxer darf nicht im Hotel Cronenberg arbeiten, das ist ihr untersagt. Sie hat ein Geheimnis, das sie in der Vergangenheit in Konflikt mit dieser Familie gebracht hat. Blöd ist nur, dass die ehemalige Ballettttänzerin zwei Kinder, Zwillinge hat und dass sie keinen Job mehr hat. Aufgrund der Einführung eines Verkaufscomputers in ihrer Boutique ist sie arbeitslos geworden. Sie muss ihr Versprechen brechen und in diesem Hotel zu arbeiten beginnen, weil sonst ihr Arbeitslosenbezugsgeld gestrichen wird. Ihre Zwillinge müssen von etwas leben, brauchen gesicherte Verhältnisse. Die Darstellung der Personen ist überzeugend. Die Gegenüberstellung von Helenas Arbeitsagenturgesprächen mit dem Leben des erfolgreichen und netten Noah Cronenberg, der in Mexico lebt, macht neugierig. Der Leser will wissen, wie es weitergeht und wie sie diese beiden Leben miteinander verknüpfen können. Noah kehrt anläßlich des Begräbnisses seines Bruders nach Hause zurück. Das Zerwürfnis, das sie getrennt hat, war die Liebe zur selben Frau. Diese ist nun als Witwe zurückgeblieben. Wird er sich mit ihr verloben, weil er sich wieder in sie verliebt. Wird er die Differenzen mit seinem Vater ausgleichen können? Wird er einen Weg finden, nicht in die Führung des Famlienunternehmenes gezwungen zu werden. In Mexico ist er sein eigener Herr und kann auch seiner Tätigkeit als Schriftsteller nachgehen. Das macht ihm Spaß, das freut ihn und seine Sozialprojekte für die Armen und Benachteiligten. "Das Bild der Tänzerin" wird von einer Amerikanerin in diesem Hotel in Genf gesucht. Sie ist eine Nachfahrin der Familie Löwenfels, die in diesem Hotel immer auf ihrer Sommerfrische gelebt haben. Sie besaßen viele Kunstwerke, die während der Nazizeit ihnen abgenommen wurden. Hauptumschlagplatz war dieses Hotel. Das Bild zeigt die Urgroßmutter von Hector Löwenfels, welche im Regen für ihren Mann Amos tanzte, obwohl sie blind war. Dies war ein Ausdruck der Lebensfreude, auch ohne Regenschirm den Regen gut gelaunt zu überstehen. Hector Löwenfels erzählt diese Geschichte dem Mädchen Lydia, welche vom Land stammt und in dem Hotel Zimmermädchen ist. Ihre Schwester, das wird Noah bei seinen Recherchen zum verschwunden Bild und zu den Recherchenergebnissen seines früh verstorbenen Onkels herausfinden, ist von dem Frauenmörder Ewald .... ermordet worden. Oder doch nicht. Dieser Onkel, der tragisch bei einem Autounfall verstarb, hat sich von seiner Frau getrennt und seine Tochter verlassen, weil er sich in eine Balletttänzerin verliebte. Dieser Affront führte zum Ausstoß aus seiner Familie. Vor allem die kleine Caramelle wird zum Spielball der stärkeren und machtorientierten Verwandten, welche das Ruder in der Hotelführung ergreifen. Sollte diese Tänzerin Helena sein. Die Spannung wird gut aufgebaut, zur Liebesgeschichte zwischen Lydia und Hector kommt noch die unglückliche Liebe der russischen Tänzerin Wastina zu dem Waffenhändler Basil Wild, welche von Amos Löwenfels Bild "Der Tänzerin im Regen" besessen ist. Warum wird Jahrzehnte später Noah herausfinden, allerdings nicht mehr alleine. Er wird Helena helfen und auch ihren Kindern. Gleichzeitig wird er auch seine Cousine Caramelle etwas Räson beibringen. Die verschiedenen Lebenswege kreuzen sich nachhaltig und die Fäden untereinander werden enger und familiärer. Kunstvoll verschlingt Christine Jaegi mit viel Fingerspitzengefühl und psychologischem Geschick die verschiedenen Leben der Protagonisten. Gleichzeitig entwirft sie ein tiefschichtiges und verständnisvolles Bild der nationalsozialistischen Tätigkeiten und den Verwicklungen dieser Vertreter sowie den vielseitigen Geschäftsinteressen. Geschäftliches, Politisches und Persönliches vermischen sich zu einem sprechenden Zeitbild, das bis in die Gegenwart Auswirkungen hat. Familengeheimnisse und Familienverhältnisse werden aufgedeckt sowie Ungerechtigkeiten entlarvt und wieder gut gemacht. Dieses Buch macht süchtig und ich war nicht fähig, mit dem Lesen aufzuhören. Es ist wirklich ein niveauvoller Bestseller mit viel Humor, Ironie und Kritik.