Ein großartiger Roman mit vielen Facetten!

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Dieses Buch mit nur wenigen Sätzen zu besprechen, fällt mir ziemlich schwer, weil es sich um einen dermaßen vielschichtigen, empathischen und interessanten Roman handelt, dass man seinen Facetten in einer kurzen Besprechung nicht gerecht werden kann.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen, zum einen im Zeitraum 1850-1875 und erfasst damit die Zeit vor und während des amerikanischen Bürgerkrieges, ein weiterer Handlungsstrang spielt in den fünfziger Jahren und die 3. Erzählebene in der heutigen Zeit.
Dem roten Faden, der sich durch diese Jahre zieht, liegen das Leben des realen Rennpferdes Lexington und die von ihm gefertigten Gemälde zu Grunde.
Lexington- ein Ausnahmepferd in jeder Hinsicht- wird von klein auf von dem versklavten Jungen Jarret betreut und trainiert. Obwohl auch Jarret als schwarzer Trainer ein Ausnahmetalent ist, so wird sein Dasein doch von seinem Status als unfreier Sklave bestimmt. Die Autorin versteht es meisterhaft mit viel Empathie, die drückenden Verhältnisse von damals zum Leben zu erwecken, ohne ins Sentimentale und Klischeehafte abzugleiten und so begleitet man Jarret auf seinem schwierigen Weg bis in die Zeit nach dem Bürgerkrieg. Durch alle Höhe und Tiefen seines Trainerlebens, wobei ihm die tiefe Bindung zu Lexington hilft, diese durchzustehen, aber auch mit dem Pferd gemeinsam über sich selbst hinaus zu wachsen.
Aufgrund seiner besonderen Leistungen als Rennpferd und Zuchthengst wird Lexington einige Male porträtiert, wobei die Leser auch einiges über die Lebensumstände und Schwierigkeiten der damaligen Porträtmaler von Pferden erfahren. Eines dieser Bilder taucht unvermittelt in der Jetztzeit durch einen Zufallsfund wieder auf und zwar entdeckt von dem nigerianisch- amerikanischen Doktoranden Theo in Washington. Dieser trifft auf die Zoologin Jess, die als Geschäftsführerin eines Testlabors für Knochenkunde von Wirbeltieren an einem Museum beschäftigt ist.
Gemeinsam begibt man sich mit den Lesern auf die spannende Spurensuche des Bildes, wobei auch das vergessene Skelett des berühmten Rennpferdes, welches aus der Versenkung auftaucht, eine Rolle spielt und begleitet gleichzeitig die aufkeimende Beziehung zwischen Theo und Jess.
Die Autorin zeigt feinfühlig auf, dass Rassismus nach wie vor in Amerika eine Rolle spielt, unabhängig davon, ob man sich in akademischen Kreisen bewegt oder nicht. Die Gegenüberstellung von Jerret, dessen Leben als Sklave und dem Alltag von Theo zeigt zwar, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit damals verbessert haben, aber dass Voreingenommenheit und Rassismus nach wie vor latent vorhanden sind. Die Autorin hat mit diesem Roman eine sehr dichte, intelligente Geschichte mit geschickt verwobenen Handlungssträngen und Thematiken erschaffen, die sich zwar leicht lesen lässt aber sich als sehr tiefgründig darstellt. Das Buch hat mich sehr beeindruckt und es gehört mit zu den besten Romanen, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, obwohl ich mich bisher nicht ausgesprochen für Pferde interessiert habe. Einblicke in die Pferdezucht, die Trainingsmethoden von damals waren ebenso erhellend wie die vermittelten Informationen über das Kunstgeschehen in den 50er Jahren sowie die Knochenkunde von Wirbeltieren, so dass das Buch abgesehen von der gut durchdachten Geschichte her auch viele Informationen vermittelt. Klare Leseempfehlung von mir!