Mehr als die Geschichte eines Pferdes

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Lexington ist das bedeutendste Rennpferd der USA. Als Zuchthengst hat er viele erfolgreiche Nachkommen gezeugt und ist 150 Jahre nach seinem Tod nicht vergessen, auch wenn sein Skelett im Smithsonian verstaubt und ein Gemälde von ihm auf dem Sperrmüll landet. Wissenschaftlerin Jess und Kunsthistoriker Theo fasziniert Lexingtons Geschichte und führt sie zusammen. Außerdem ist da noch Jarret, der Lexington sein ganzes Leben lang begleitet und eine ganz besondere Verbindung zu ihm hat, doch als Schwarzer Sklave weniger Wert zu sein scheint als das Pferd. Sie erleben viel, nicht nur im Rennsport, sondern auch die Unruhen und Kämpfe zwischen Norden und Süden und geben sich gegenseitig Halt.
Das sind nicht alle Erzählstränge von „Das Gemälde“ von Geraldine Brooks, aber für mich die Zentralsten. Es gibt noch Maler Scott und Kunsthändlerin Martha, die das Bild komplettieren. Es ist ein sehr komplexer Roman, der sich nicht nur mit dem Rennsport befasst, sondern vor allem mit der Sklaverei in den USA, die zu Lexingtons Lebzeiten Normalität war und mit dem allgegenwärtigen Rassismus in der Gegenwart. Jarret und Theo sind PoC und geben jeweils Einblicke in ihre Lebensrealität, was ich sehr gelungen finde, aber mit einem gewissen Beigeschmack, denn muss eine Weiße Frau darüber schreiben, auch wenn das im Kontext des Buches sehr stimmig ist?
Sehr verständlich fand ich Jess’ Unbedarftheit in Bezug auf Mikroaggressionen und verstecktem Rassismus. Und ich mochte die Liebe zum Pferd, die Verbindung zwischen Mensch und Tier und die Leidenschaften der Figuren, die einen Gegenpol zu der Grausamkeit des Rassismus schaffen, diese aber gleichzeitig unterstreichen.
Geraldine Brooks Arbeit, die sie in den Roman und in die Recherche gesteckt hat, ist bei jeder Seite spürbar und Pferdemenschen und kunsthistorisch Interessierte werden ihre Freude haben. Vor allem stellt es aber die Lebensrealität von PoC in den Vordergrund, zwar von einer Weißen, aber trotzdem unglaublich wichtig.