Viel mehr als nur ein Frauenroman

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Ich lese normalerweise keine klassisch historischen Romane. Geraldine Brooks hat mit „Das Pesttuch“ einen solchen geschrieben und dieser hatte sich gut verkauft. Nun erscheint auch „Horse“ in der sehr gelungenen deutschen Übersetzung „Das Gemälde“ von Judith Schwaab in Deutschland und wird vom herausgebenden Verlag v.a. als Frauenroman. Evtl. ist das notwendig, damit das Buch überhaupt sein Publikum hierzulande findet. Treffend finde ich das zumindest nicht. Warum der Titel im Sinn geändert wurde, erschließt sich mir nicht. Das Cover ist unscheinbar und langweilig und hätte mich normalerweise wohl nicht angesprochen. In diesem Falle hatte mich die Leseprobe davon überzeugt, das Buch lesen zu wollen. Warum? Die Charaktere waren dort schon so ausgearbeitet, dass man ihnen weiter folgen wollte. Dazu spielt das Buch im 19., 20. und 21. Jahrhundert und nicht in einer historisch weiter zurückliegenden Epoche. Mit Colson Whiteheads Underground Railroad hatte ich vor einiger Zeit einen Titel gelesen, der ähnliche Themen adressiert. Das Buch damals hatte mir schon gut gefallen, aber Geraldine Brooks‘ „Das Gemälde“ sprach mich noch mehr an.
Dies liegt einerseits am Erzähltempo, welches ich für ideal halte. Es trägt den Roman über die 560 Seiten und verknüpft die Handlungsstränge geschickt. Andererseits sind die Charaktere außergewöhnlich. Man kann sich mit Ihnen identifizieren und wartet meist gespannt, wie es weiter geht mit Jarret, Theo, Jess und Co. Dazu bearbeitet das Buch geschickt eine Vielzahl von Themen über Alltagsrassismus in Amerika, bis zum Bürgerkrieg hin zur Geschichte des Kunsthandels und der Rolle von weiblichen Kunsthändlern. Diese vielen positiven Bausteine werden um den Kern der Geschichte herumgewebt. Und dieser Kern heißt Lexington und ist das berühmteste Rennpferd der Geschichte. Man muss sich nicht für Pferderennsport interessieren, aber Lexington nimmt einen in Beschlag und fand seinen Weg in mein Herz. Hach, habe ich dieses Buch gerne gelesen. Volle Leseempfehlung meinerseits.