Poetisch, tragisch, berührend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
magdas_buecherwelt Avatar

Von

Das Geschenk des Meeres von Julia R. Kelly, aus dem Englischen von Claudia Feldmann, ist ein atmosphärischer und hochemotionaler Roman, der mich zu Tränen gerührt hatte.
1900 in Skerry, einem kleinen Fischerdorf an der schottischen Küste: In einer stürmischer Winternacht wird ein kleiner Junge am Strand aufgefunden. Der Junge ist mehr tot als lebendig, der Fischer Joseph bringt ihn ins Pfarrhaus. Das ganze Dorf nimmt Anteil am Schicksal des Kindes und denkt zurück an eine Sturmnacht viele Jahre zuvor, in der Dorothys Sohn Moses verschwand.
Damals: Dorothy kommt aus Edinburgh nach Skerry, um ihre Anstellung als Lehrerin anzutreten. Von Anfang fällt es ihr schwer, sich ins Dorfleben zu integrieren. Einzig Joseph mag sie und fühlt sich zu ihr hingezogen. Es ist den beiden jedoch nicht vergönnt, zusammen zu sein, Dorothy heiratet William und wird Mutter des kleinen Moses. Doch ihr Glück währt nur einige Jahre, denn eines Nachts wacht sie auf und Moses ist verschwunden.
Als viele Jahre später der kleine Junge am Strand gefunden wird, scheint es, als ob sich das Schicksal wendet und das Meer der Mutter ihr Kind zurückgibt. Dorothy wagt es kaum, sich dieser Hoffnung hinzugeben, während der Pfarrer sein Möglichstes tut, um die Familie des Jungen zu finden.
Das Buch ist in poetischer Sprache geschrieben, es hat mich an die schottische Küste versetzt, als die Menschen sich Sagen und Geschichten erzählten und dem Aberglauben frönten.
Als junge Frau hört Dorothy die Geschichte über den Jungen und die Wellenkinder:
„Und er lachte, denn er wusste, wer sie waren – sie waren die Feen des Meeres, die gekommen waren, um ihn nach Hause zu holen, zurück in die Anderwelt, wo es keine Tränen gibt, er lief ins Wasser, bis er sie in den Wellen sehen konnte…. Und manchmal meinte sie die Wellenkinder spielen zu sehen und mitten unter ihnen ihren Jungen.“ (S. 150/151)
Dorothys, Josephs und Moses‘ Geschichte hat mich tief berührt. Ich bin in das Dorfleben eingetaucht, habe mit Dorothy getrauert und gelitten. Das Ende hat mich hoffnungsfroh gestimmt, traurig war ich nur, das Buch schon ausgelesen zu haben, denn es ist mein bisheriges Lesehighlight dieses Sommers.