Wenn das Meer Erinnerungen zurückbringt - ein Roman voller Geheimnisse und tiefer Gefühle

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kat-yes Avatar

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Schon nach den ersten Seiten war mir klar: Dieser Roman würde mich nicht mehr loslassen. Julia R. Kelly nimmt einen mit an die raue Küste Schottlands im Winter des Jahres 1900. An einen Ort, an dem das Meer wesentlich mehr verbirgt, als es preisgibt.

Die Geschichte beginnt mit einem schockierenden Fund: Ein Fischer namens Joseph entdeckt am Strand einen scheinbar leblosen Jungen. Als er ihn ins Dorf bringt, löst das blankes Entsetzen aus – denn das Kind sieht aus wie der Sohn der Lehrerin Dorothy, der vor Jahren im Meer verschwand. Ausgerechnet Dorothy nimmt den fremden Jungen bei sich auf, bis geklärt ist, woher er stammt. Doch mit seiner Ankunft brechen alte Wunden auf, und das Dorf wird von Fragen erschüttert: Was verbindet Joseph mit beiden Vorfällen? Was hat sich in jener Nacht abgespielt, als Dorothys Sohn verschwand? Und warum wurden Dorothy und Joseph nie ein Paar?

Die Sprache des Romans ist nüchtern und klar, doch gerade diese schnörkellose Erzählweise verleiht der Geschichte eine beklemmende Intensität. Das Cover spiegelt das Setting und die Stimmung perfekt wider. Düster, aber zugleich von einer melancholischen Schönheit.

Thematisch bewegt sich die Autorin auf tiefem Grund: Liebe und Eifersucht, Trauer und Schuld sowie Angst durchziehen das Buch wie unsichtbare Strömungen. Hin und wieder blitzt ein Hoffnungsschimmer auf, doch die Grundstimmung bleibt eher trostlos. Und genau das macht den Roman so authentisch.

Mich hat vor allem die enorme Sogwirkung beeindruckt. Action sucht man hier vergeblich, stattdessen entfaltet sich die Wahrheit Schicht für Schicht. Der stetige Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart ist ein kluges erzählerisches Mittel, das die Spannung hochhält, ohne Effekthascherei. Die Figuren wirken in ihrem Handeln und Nicht-Handeln absolut glaubwürdig, und gerade ihre stillen Konflikte haben mich tief bewegt.

Fazit: Das Geschenk des Meeres ist so tiefgründig wie das Meer selbst. Ein Roman, der lange nachhallt. Es ist jedoch alles andere als ein Heile-Welt-Buch, sondern ein kraftvolles, melancholisches Leseerlebnis mit authentischen Charakteren und einer Geschichte, die sich leise, aber unaufhaltsam entfaltet. Für mich ein absolutes Highlight mit einer klaren 5-Sterne-Empfehlung!