Elefantenherden in Berlin

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Nach einem außergewöhnlichen, unglaublich starken Roman wie „Trophäe“ ist es immer schwer nachzulegen. Ich habe versucht, das neue Buch von Gea Schoeters unabhängig von ihrem Erstling zu lesen, aber ganz kann man die Erwartungen nicht ausschalten.

„Das Geschenk“ erzählt die surreale Geschichte von 20.000 Elefanten in Berlin. Der Präsident von Botswana hat sie als Reaktion auf ein Abkommen, dass die Einfuhr von Jagdtrophäen nach Deutschland untersagt und sein Land damit in Schwierigkeiten bringt, geschickt.
Über Nacht sind sie einfach da und stürzen die Stadt ins Chaos. Der amtierende Kanzler – Wahlen stehen bevor und die rechte Partei unter Fuchs gewinnt immer mehr an Zustimmung – muss schnell reagieren. Die Bürger sind aufgebracht, Elefantendung, Verkehrschaos und invasive Pflanzen bedrohen den Alltag. Hilfe bekommt er von seinem Sprecher Otto Berg und seiner Mentorin, der ehemaligen Bundeskanzlerin. Als die Ideen ausgehen passiert das, was so oft passiert. Jemand (den man leicht Opfern kann), wird zur Elefantenministerin ernannt, um das unlösbare Problem zu lösen. Und dieser Jemand ist – na klar – eine Frau, Hannelore Hartmann.
„Männer bekommen meistens in stabilen Unternehmen oder Situationen Führungspositionen, Frauen werden nur in Krisenzeiten solche Spitzenjobs angeboten. Wenn das Risiko zu scheitern groß ist.“ S. 66
Mit fachlicher Unterstützung, Engagement und Ideen geht Hartmann an das Problem heran.

Dieser Roman hält unserer Gesellschaft, unserer Politik den Spiegel vor. Machtstrukturen werden aufgezeigt, aber auch wie Politik funktioniert. Kurzfristige Machterhaltung steht im Vordergrund, langfristige Ziele werden nicht verfolgt. Und nebenbei erfährt man auch noch einiges über das Leben von Elefanten.

Ich fand den Roman sehr gut erzählt, die Schwächen und Schwierigkeiten unserer Zeit wurden mit dem „Elefantenproblem“ gut herausgearbeitet. Auch sprachlich fand ich ihn wieder sehr gelungen.

Allerdings gab es ein paar logische Brüche. Wie kamen die Elefanten plötzlich über Nacht nach Berlin? Wie kann es sein, dass die Elefanten einerseits bedroht sind, aber in Botswana so überhandnehmen, weil sie nicht mehr von ausländischen Jägern gejagt werden? Und ich hätte mir ein paar mehr Seiten gewünscht, manche Sachen etwas mehr auserzählt und in die Tiefe gehend.

Dennoch sehr lesenswert. Ein gelungener Roman, der unsere Zeit sehr gut widerspiegelt.