Elefantenparabel über unsere Gegenwart

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Elefanten in Berlin – klingt absurd, ist aber die Ausgangssituation von "Das Geschenk", einem brillanten Politthriller von Gaea Schoeters. Die flämische Autorin, bekannt durch "Trophäe", schreibt als Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin, wurde mit dem Jan-Wauters-Preis für Sprachkunst ausgezeichnet und überzeugt mit einem Blick für das Globale im Kleinen.

Worum geht’s?
Deutschland verbietet die Einfuhr von Jagdtrophäen – und prompt „schenkt“ der Präsident Botswanas dem Land 20.000 Elefanten. Ein scharfes „Was wäre wenn“-Szenario entfaltet sich: Politiker:innen, Medien und Bürger:innen müssen plötzlich mit einer Krise umgehen, die alles infrage stellt – von Tier- und Klimaschutz über Migration bis hin zu nationaler Identität.

Meine Meinung
Schon "Trophäe" hatte mir gefallen, aber dieses Buch hat mich noch mehr gepackt. Schoeters verknüpft Natur und Politik, Humor und Bitterkeit, Satire und Tragik zu einer Parabel über Macht, Postkolonialismus und die Absurditäten unserer Zeit. Der Bundeskanzler taumelt zwischen Witzen, Elefantendung und Gesetzesdebatten, während Botswanas Präsident trocken feststellt: „Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Vielleicht solltet ihr einfach mal selbst versuchen, mit Megafauna zurechtzukommen.“ (S. 35).

Besonders beeindruckt hat mich, wie viele Ebenen Schoeters einbaut: Die Elefanten werden Symbol für Geflüchtete („Elefanten sind keine Flüchtlinge.“ S. 64), für Klimakrise, für koloniale Ungleichgewichte. Gleichzeitig bleibt es absurd komisch, wenn über „Gratis-Biomüll-Verwertung“ (S. 38) oder eine Elefanten-Liebesgeschichte im TV debattiert wird. Auch bei ernsten Themen wie „Glass-Cliff“-Mechanismen für Politikerinnen (S. 68) oder rechten Parolen („Afrikanisierung Europas!“ S. 97) zeigt sie messerscharf, wie eng Rassismus, Sexismus und Machtspiele verflochten sind.

Die Szenen sind oft grotesk, aber immer nah an unserer Realität: Bürger:innen, die „Scheiße schaufeln“ (S. 53), ein Elefantenbaby, das zur nationalen Ikone wird, nur um wenig später Opfer eines Unfalls zu werden (S. 84). Fragen wie „Welches Leben ist mehr wert?“ (S. 84) oder die Erkenntnis, dass „ein Bundeskanzler kein Recht auf Träume“ hat (S. 131), hallen nach. Klimakrise, Migration, Populismus – alles spiegelt sich in dieser „Geschenk“-Parabel. Und immer wieder blitzt Humor auf, der das Ganze erträglich, manchmal sogar leichtfüßig macht.

Fazit
"Das Geschenk" ist politisch, packend und tief satirisch – ein Roman, der uns zwingt, über Verantwortung, Gerechtigkeit und Zukunft nachzudenken. Schoeters gelingt die seltene Mischung aus bitterem Ernst und scharfem Witz. Wer sich auf diesen literarischen Spiegel einlässt, wird lachen, schlucken – und nicht mehr wegsehen können.