Vielleicht geht es nicht nur um Elefanten
„Das Geschenk“ der neue, gerade mal 138 Seiten lange Roman von Gaea Schoeters, erschienen 2025 im Paul Zsolnay Verlag, hat es erwartbar in den großen Fußstapfen von „Trophäe“ nicht leicht und ist insofern ein achtbarer Nachfolger. Schoeters bleibt dran an der Thematik des Postkolonialismus und des white gaze und führt die Handlung diesmal sogar direkt in die deutsche Hauptstadt Berlin, so dass das Setting für deutsche Lesende mit viel Vertrautem aufwartet.
Die Handlung, die sich etwas über ein Jahr erstreckt, ist ebenso schnell beschrieben, wie sie wundervoll grotesk ist: Im politisch korrekten Deutschen Bundestag wird ein Gesetz gegen die Einfuhr von Elfenbein verabschiedet – was den Präsidenten von Botswana als Produzenten von Elfenbein sehr aufbringt, ist er doch der Auffassung, deutsche Politiker sollten sich mit deutschen Inhalten beschäftigen und nicht einfach Urteile über sein Land fällen, wenn sie die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen überhaupt nicht einschätzen können. Perfide und ein bisschen magisch hat er sich deshalb eine Lektion überlegt und lässt zwanzigtausend Elefanten in Berlin erscheinen, damit sich die Deutschen mal so richtig in die Situation einfühlen können. Und damit das Spiel auch nicht zu leicht gewonnen werden kann, gibt es noch eine Zugabe: Für jeden Elefanten, der zu Schaden kommt oder der eingesperrt wird, erscheinen zwei neue.
Die Grundidee des Romans beruht dabei auf einem realen Ereignis: Vor etwa einem Jahr erwog das Bundesumweltschutzministerium ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen, und der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi erläuterte in der "Bild"-Zeitung sein Unverständnis darüber, weil sein Land unter zu vielen Elefanten leide. Gerne wolle er 20.000 Tiere nach Deutschland abgeben, wenn man dort so sehr an deren Leben hänge.
Was soll man sagen – „the elephant is in the room“. Was zunächst anmutet wie ein Aprilscherz wird zu einer Aufgabe, die die Mechanismen von Politik und die Arroganz westlicher Nationen paradigmatisch vorführt. Und dabei tauchen, sicher nicht zufällig, immer mehr Parallelen zur Flüchtlingsthematik und der AfD auf, was Schoeters gekonnt nicht thematisiert und auch nicht der Hauptfokus des Romans ist, vermutlich, aber es schwingt immer mit und es tut weh. Selbst das Konzept der Remigration taucht auf und wird in aller Deutlichkeit zuendegedacht. Vor allem aber wird deutlich, dass die Kulturarroganz und die postkoloniale Haltung, die in vielen Entscheidungen Europas immernoch mitschwingt, schnell an ihre Grenzen stoßen würde, wären wir selbst mit ähnlichen Voraussetzungen konfrontiert, wie die vielen unterschiedlichen Staaten in Afrika.
Gaea Schoeters schreibt dabei durchweg souverän und herrlich komisch, ihre Bildgewaltigkeit und Detailliebe ist beglückend, ihre Dialoge knackig und bissig und immer wieder ist auch Raum, noch etwas zu lernen, wie etwa Wissen über die Glass-Cliff-Theorie oder das Shifting-Baseline-Syndrom. Wie schnell aus politischen Idealen nur noch Taktik und Gewinnen wollen wird, wie wenig es Bereitschaft gibt, wirklich etwas zu verändern und Fakten Raum zu geben – das alles sind leider Realitäten und keine Fiktion. Und je länger der kurze Roman voranschritt, desto mehr mischten sich in meinem Kopf Elefanten mit Menschen, was die Bitterkeit der Handlung noch verschärfte. Eine kluge Parabel also auf unsere Zeit, auf unsere deutsche Gesellschaft, auf unsere Hochherrlichkeit und unsere Angst. Und ein erneut wacher Blick auf das Verhältnis zwischen erster und dritter Welt, das noch nie wirklich aus Hilfsbereitschaft bestand, sondern noch immer aus Herrschaftsdenken.
Dennoch fehlt etwas. Die Genialität von Trophäe bestand darin, dass wir lesend so tief in den Abgrund der Gedanken und Psyche eines Täters eingestiegen sind, dass es nicht mehr möglich war, sich davon zu distanzieren. Das Geschenk dagegen hält die Distanz durchweg aufrecht und hat zumindest bei mir zu keinem Zeitpunkt Identifikation oder emotionales Einsteigen hervorgerufen. Mir fehlen auch Lösungen. Lösungen, bei denen die Parabel nicht nur in der Parabel steckenbleibt. Lösungen, für die es keine Magie braucht, sondern Realität.
Rein literarisch habe ich den Roman oder vielleicht doch eher die Novelle? aber sehr genossen. Ein richtiger guter Snack, der auch zum Nachdenken anregt, auf jeden Fall zu empfehlen.
Die Handlung, die sich etwas über ein Jahr erstreckt, ist ebenso schnell beschrieben, wie sie wundervoll grotesk ist: Im politisch korrekten Deutschen Bundestag wird ein Gesetz gegen die Einfuhr von Elfenbein verabschiedet – was den Präsidenten von Botswana als Produzenten von Elfenbein sehr aufbringt, ist er doch der Auffassung, deutsche Politiker sollten sich mit deutschen Inhalten beschäftigen und nicht einfach Urteile über sein Land fällen, wenn sie die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen überhaupt nicht einschätzen können. Perfide und ein bisschen magisch hat er sich deshalb eine Lektion überlegt und lässt zwanzigtausend Elefanten in Berlin erscheinen, damit sich die Deutschen mal so richtig in die Situation einfühlen können. Und damit das Spiel auch nicht zu leicht gewonnen werden kann, gibt es noch eine Zugabe: Für jeden Elefanten, der zu Schaden kommt oder der eingesperrt wird, erscheinen zwei neue.
Die Grundidee des Romans beruht dabei auf einem realen Ereignis: Vor etwa einem Jahr erwog das Bundesumweltschutzministerium ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen, und der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi erläuterte in der "Bild"-Zeitung sein Unverständnis darüber, weil sein Land unter zu vielen Elefanten leide. Gerne wolle er 20.000 Tiere nach Deutschland abgeben, wenn man dort so sehr an deren Leben hänge.
Was soll man sagen – „the elephant is in the room“. Was zunächst anmutet wie ein Aprilscherz wird zu einer Aufgabe, die die Mechanismen von Politik und die Arroganz westlicher Nationen paradigmatisch vorführt. Und dabei tauchen, sicher nicht zufällig, immer mehr Parallelen zur Flüchtlingsthematik und der AfD auf, was Schoeters gekonnt nicht thematisiert und auch nicht der Hauptfokus des Romans ist, vermutlich, aber es schwingt immer mit und es tut weh. Selbst das Konzept der Remigration taucht auf und wird in aller Deutlichkeit zuendegedacht. Vor allem aber wird deutlich, dass die Kulturarroganz und die postkoloniale Haltung, die in vielen Entscheidungen Europas immernoch mitschwingt, schnell an ihre Grenzen stoßen würde, wären wir selbst mit ähnlichen Voraussetzungen konfrontiert, wie die vielen unterschiedlichen Staaten in Afrika.
Gaea Schoeters schreibt dabei durchweg souverän und herrlich komisch, ihre Bildgewaltigkeit und Detailliebe ist beglückend, ihre Dialoge knackig und bissig und immer wieder ist auch Raum, noch etwas zu lernen, wie etwa Wissen über die Glass-Cliff-Theorie oder das Shifting-Baseline-Syndrom. Wie schnell aus politischen Idealen nur noch Taktik und Gewinnen wollen wird, wie wenig es Bereitschaft gibt, wirklich etwas zu verändern und Fakten Raum zu geben – das alles sind leider Realitäten und keine Fiktion. Und je länger der kurze Roman voranschritt, desto mehr mischten sich in meinem Kopf Elefanten mit Menschen, was die Bitterkeit der Handlung noch verschärfte. Eine kluge Parabel also auf unsere Zeit, auf unsere deutsche Gesellschaft, auf unsere Hochherrlichkeit und unsere Angst. Und ein erneut wacher Blick auf das Verhältnis zwischen erster und dritter Welt, das noch nie wirklich aus Hilfsbereitschaft bestand, sondern noch immer aus Herrschaftsdenken.
Dennoch fehlt etwas. Die Genialität von Trophäe bestand darin, dass wir lesend so tief in den Abgrund der Gedanken und Psyche eines Täters eingestiegen sind, dass es nicht mehr möglich war, sich davon zu distanzieren. Das Geschenk dagegen hält die Distanz durchweg aufrecht und hat zumindest bei mir zu keinem Zeitpunkt Identifikation oder emotionales Einsteigen hervorgerufen. Mir fehlen auch Lösungen. Lösungen, bei denen die Parabel nicht nur in der Parabel steckenbleibt. Lösungen, für die es keine Magie braucht, sondern Realität.
Rein literarisch habe ich den Roman oder vielleicht doch eher die Novelle? aber sehr genossen. Ein richtiger guter Snack, der auch zum Nachdenken anregt, auf jeden Fall zu empfehlen.