Was 20.000 Elefanten in Berlin mit der Selbstgefälligkeit westlicher Industrienationen zu tun haben

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Das Geschenk war und ist für mich ein Geschenk in Form, Stil und Inhalt! Pointiert, klug, bissig, humorvoll und gesellschaftskritisch stellt Gaea Schoeters den Berliner Politikbetrieb einmal auf den Kopf, schüttelt kräftig und schaut dann was und wer dabei herausfällt.

Eindrücklich und vielsagend beginnt Schoeters ihre Reise mit dem Blick auf Berliner Obdachlose, eine Realität in unserer privilegierten Gesellschaft, in der Menschen fernab der Gesellschaft in einer Parallelwelt leben, weitgehend ignoriert von der Mehrheitsgesellschaft und auch den politisch Verantwortlichen. Eine Form und Ausdruck der Arroganz, Ignoranz und Selbstgefälligkeit westlicher Gesellschaften, die sich nicht nur innerstaatlich sondern auch im Umgang mit Ländern des globalen Südens zeigt. Im Gegensatz zu den Obdachlosen Berlins, entdeckt jedoch der Präsident Botswanas eine Möglichkeit, dass seine Anliegen nicht mehr ignoriert werden können: 20.000 Elefanten als Reaktion auf das Elfenbeinabkommen zum Schutz der Elefanten, ein Geschenk an die Bundesrepublik.

435 Tage beobachtet der Roman was die 20.000 Wildtiere, die über Nacht in Deutschland gestrandet sind, innenpolitisch und international auslösen. Neben praktischen Probleme, wie der Kotbeseitigung und Gefahren durch Konfrontationen zwischen Mensch und Tier, stehen insbesondere die politischen Implikationen und Abläufe hinter den Kulissen der Öffentlichkeit im Mittelpunkt Schoeters Erzählung. Dabei gibt sie tiefe Einblicke in die (Dys-)Funktionsweise der etablierten Parteienpolitik und ihrer Ränke- und Machtspiele.

Nicht zufällig tauchen dabei immer wieder Parallelen im Umgang mit den Elefanten und Geflüchteten auf. Schoeters arbeitet so typische Handlungsmuster heraus, wie das von ihr dargestellte System mit externen Schocks umgeht: Externalisierung (Outsourcing in Drittstaaten), Vermarktlichung, Gewalt, Ingnoranz, Instrumentalisierung und zeigt auf wie dysfunktional mittel- und langfristig diese systemimmanenten Strategien zur Problembewältigung vor dem Hintergrund immer komplexer werdender Problemlagen und globaler Verflechtungen dieser, inklusive der daraus entstehenden Abhängigkeiten, geworden sind.

Das Geschenk ist eine Satire, bei der angesichts der tiefliegenden Problemlagen auf die sie verweist, das Lachen all zu oft im Halse stecken bleibt. Was bleibt ist der Appell zu mehr Demut, Verantwortung, persönlicher Integrität und innerer Haltung statt parteipolitischer Machtspiele. Eindringlicher und humorvoll zugleich kann man kaum eine fundierte Gesellschaftskritik verfassen: ein wahres Geschenk ist dieser Roman!