Das Gesicht der Anderen

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lunamonique Avatar

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Nach „Der Aufstand“ ist „Das Gesicht der Anderen“ der zweite Roman von Filmemacher, Regisseur, Kameramann und Autor Fabian Eder. „Das Gesicht der Anderen“ verstört durch ein schreckliches Unglück und seine Folgen.

Margarete kann weder schreien noch weinen. Durch eine verheerende Schussverletzung ist ihr Gesicht komplett entstellt. Sie lebt allein mit ihrer Haushälterin Anna auf Schloss Wasserberg. Selbst mit Maske traut sie sich nicht unter Menschen. Bei einem frühmorgendlichen Jogging-Ausflug kommt es zu einem weiteren traumatischen Erlebnis. Jeder Schicksalsschlag verändert die junge Frau. Nur im Internet kann sie ein normaler Mensch sein. Im Chat ist der Kontakt zu einem älteren Mann entstanden. Sie hat ihn nicht belogen, aber auch nicht alles über sich verraten. Kann er ihre Rettung sein?

Die Geschichte beginnt mit Margaretes Joggingausflug. Ihre Unsicherheit und Angst ist zu spüren. Erst langsam erfährt der Leser, was mit Margarete los ist. Weil sie anders ist als Andere muss sie sich immer wieder mit der Abneigung und dem Hass der Menschen auseinandersetzen. Sie kann kein normales Leben führen. Margaretes Schicksal berührt. Die liebenswerte junge Frau hätte Glück verdient. Stattdessen weckt sie in ihrem Gegenüber die dunkle Seite. Autor Fabian Eder konfrontiert den Leser gleich zu Anfang mit Schocksituationen. Erst auf einer Lichtung und wenig später mit Erinnerungen an das damalige Unglück. Die detaillierten Beschreibungen sorgen für Entsetzen. Margaretes Eltern leiden unter den schrecklichen Geschehnissen. Von der ersten Zeile der Geschichte an entwickelt sich eine fesselnde Atmosphäre. Nichts ist vorhersehbar. Dadurch wächst die Spannung. Margarete sehnt sich nach Liebe. Wem kann sie trauen? Der Chat-Bekanntschaft, ihrer Stütze im Unternehmen Albert Hager? Autor Fabian Eder weiß, mit den Emotionen des Lesers zu spielen. Jeder Charakter scheint zwei Seiten zu haben. Eine gute und eine hinterhältige bis böse. Niemand lässt sich durchleuchten und von Beginn an in eine Schublade einordnen. Das Spiel um menschliche Abgründe geht auf. Es fällt schwer, sich der Geschichte zu entreißen, auch wenn immer wieder abstoßende Szenen auftauchen. Ein raffiniert gestrickter Roman, der eher ins Genre „Krimi“ passt. Leider ist das Ende zu abstrus. Als müsste für den Showdown und die Auflösung noch einmal alles auf den Tisch gepackt werden. Auch geht Margaretes Veränderung zu radikal voran. Die taffe Frau passt, aber alles Andere wirkt zu unecht. Das Rätselhafte um Margaretes Verhalten und die Geschehnisse halten den Leser bei der Stange.

Das Cover mit dem zerrissenen Fotogesicht stimmt auf eine spannende Geschichte ein und passt sehr gut zum Inhalt. Der Titel macht auf die rätselhafte Komponente der Geschichte und die Abgründe aufmerksam. Eine sehr gelungene Gestaltung. Zurückhaltung bei den grausamen Szenen und der Schwerpunkt auf der psychologischen Schiene hätten dem Roman gut getan. Für einen guten Krimi reicht der Unterhaltungswert allemal. Nichts für zartbesaitete Leser.